„Fokus auf Innenräume“

Aerosolforscher warnen vor symbolischen Maßnahmen

Wissenschaft
12.04.2021 07:37

Führende Aerosolforscher aus Deutschland fordern von der Politik einen Kurswechsel bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Man müsse den Fokus der Maßnahmen vorwiegend auf Innenräume legen, denn „drinnen lauert die Gefahr“, so der Appell. Debatten über das Flanieren auf Flusspromenade, den Aufenthalt in Gastgärten oder das Joggen und Radfahren erachten sie hingegen als kontraproduktiv.

„Wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen wollen, müssen wir die Menschen sensibilisieren, dass DRINNEN die Gefahr lauert“, heißt es in einem Brief an die deutsche Regierung und an die Landesregierungen. Es gelte als sicher, dass sich das Coronavirus vor allem über Luft verbreitet. „Leider werden bis heute wesentliche Erkenntnisse unserer Forschungsarbeit nicht in praktisches Handeln übersetzt“, kritisieren die Wissenschaftler.

Ansteckungen auch ohne direkten Kontakt
In Wohnungen, Büros, Klassenräumen, Wohnanlagen und Betreuungseinrichtungen müssten Maßnahmen ergriffen werden. In Innenräumen finde auch dann eine Ansteckung statt, wenn man sich nicht direkt mit jemandem trifft, sich aber eine infektiöse Person vorher in einem schlecht belüfteten Raum aufgehalten hat, warnen sie.

Maßnahmen wie die Maskenpflicht beim Joggen an den Flüssen Alster und Elbe in Hamburg oder auch am Wiener Donaukanal seien eher symbolischer Natur und ließen „keinen nennenswerten Einfluss auf das Infektionsgeschehen erwarten“, schreiben die Experten. SARS-CoV-2-Erreger würden fast ausnahmslos in Innenräumen übertragen. Im Freien sei das äußerst selten, im Promille-Bereich.

Keine Cluster im Freien
Hierauf sollten die begrenzten Ressourcen nicht verschwendet werden, heißt es in dem Brief. Auch würden im Freien nie größere Gruppen - sogenannte Cluster - infiziert, wie das in Innenräumen etwa in Heimen, Schulen, bei Veranstaltungen, Chorproben oder Busfahrten zu beobachten sei.

Zu viele Treffen in eigenen vier Wänden
Auch die Ausgangssperren versprechen aus Sicht der Wissenschaftler mehr als sie halten können. „Die heimlichen Treffen in Innenräumen werden damit nicht verhindert, sondern lediglich die Motivation erhöht, sich den staatlichen Anordnungen noch mehr zu entziehen“, schreiben sie.

„In der Fußgängerzone eine Maske zu tragen, um anschließend im eigenen Wohnzimmer eine Kaffeetafel ohne Maske zu veranstalten, ist nicht das, was wir als Experten unter Infektionsvermeidung verstehen.“ Mit Ausgangsbeschränkungen will die Politik verhindern, dass sich Menschen zeitweise überhaupt treffen.

Es braucht mehr Frischluft
Stattdessen empfehlen die Autoren mehrere Maßnahmen, wie Treffen in Innenräumen so kurz wie möglich zu gestalten, mit häufigem Stoß- oder Querlüften Bedingungen wie im Freien zu schaffen, effektive Masken in Innenräumen zu tragen sowie Raumluftreiniger und Filter überall dort zu installieren, wo Menschen sich länger in geschlossenen Räumen aufhalten müssen - etwa in Pflegeheimen, Büros und Schulen.

„Die Kombination dieser Maßnahmen führt zum Erfolg“, heißt es weiter. „Wird das entsprechend kommuniziert, gewinnen damit die Menschen in dieser schweren Zeit zugleich ein Stück ihrer Bewegungsfreiheit zurück.“ Zu den Unterzeichnern zählen der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung, Christof Asbach, Generalsekretärin Birgit Wehner und der frühere Präsident der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin, Gerhard Scheuch.

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