Müllprobleme

Abfall spiegelt Mensch & Wirtschaft wider

Vorarlberg
29.03.2021 07:55

Wie sich Corona auf die Abfallwirtschaft auswirkt, wieso wir in Vorarlberg eigentlich gar kein Pfandsystem für Plastikflaschen brauchen und warum kein Müll auch keine Lösung ist.

Als Österreich Mitte März 2020 in den ersten harten Lockdown geschickt wurde, kam die Welt im Außen von einem Tag auf den anderen zum Erliegen. Und ganz nach dem Motto "Ein Land räumt auf" fing in den eigenen vier Wänden das große Aufräumen an. Manche zogen den Frühjahrsputz vor, andere entrümpelten Dachboden, Keller und Kästen. Für die Entsorgungsbetriebe bedeutete das ein Mehr an Sperrmüll, da selbst die Altstoffsammelzentren geschlossen hatten.

Und auch in den restlichen Monaten des vergangenen Jahres sei die Pandemie abfalltechnisch zu spüren gewesen, wie Reinhard Pierer, Bereichsleiter für Wertstoffe bei Loacker Recycling in Götzis, zu berichten weiß: „Hatten wir früher etwa zwei Drittel Papier und ein Drittel Verpackung, hat sich der Papieranteil mittlerweile auf 57 Prozent reduziert. Es ist also deutlich zu spüren, dass die Menschen immer weniger Printmedien lesen und stattdessen auf ePaper setzen. Der Anstieg von Kartonagen und Verpackungsmaterial ist auf gesteigerte Online-Käufe zurückzuführen: Amazon und Co. lassen grüßen.“ Zudem spiegelte der Abfall die veränderten Essgewohnheiten wider: So gab es etwa einen leichten Anstieg bei Bio- und Hausmüll (etwa 5 Prozent) und im Gelben Sack waren mehr Getränkeverpackungen zu finden.

Ländle ist Spitzenreiter
Apropos Gelber Sack bzw. Getränkeverpackungen: In der Diskussion um die Einführung eines Pfandsystems für PET-Flaschen kommt Österreich, wie es scheint, nicht vom Fleck. Laut Bundesministerin Leonore Gewessler sei eine von der EU vorgegebene Sammelquote von 90 Prozent ohne Pfandsystem bis 2029 nicht zu erreichen. Einer Studie des Umweltministeriums zufolge liegen wir österreichweit derzeit bei rund 70 Prozent. Interessantes Detail: Vorarlberg ist mit 95 Prozent nicht nur deutlich darüber, sondern auch nationaler Spitzenreiter.

Es nimmt somit nicht Wunder, dass man sich hierzulande gegen ein bundesweit ausgerolltes, zentralistisches, teures und paralleles Pfandsystem ausspricht. Laut Vorarlberger Wirtschaftskammer seien Kosten und Aufwand für Handel, Logistiker, Verpackungshersteller, Entsorger sowie Recycler und letztlich für die Konsumenten unverhältnismäßig hoch. Man habe bereits einen konkreten Plan für eine bürokratie- und kostenschonendere Alternative vorgelegt. Pierer ist in der Hinsicht recht entspannt: „Egal, was kommt, wir haben die entsprechende Anlagentechnik und werden das Beste daraus machen.“

Recycling braucht Müll
Die Abfallwirtschaft sei es ohnehin gewohnt, mit dem zu arbeiten, „was am Ende übrig bleibt“, sagt Christian Böhler, Geschäftsführer der Böhler Abfall sowie Obmann der WKV-Fachgruppe Entsorgungs- und Ressourcenmanagement. „Natürlich wäre es wichtig, sortenreine Abfälle zu bekommen. Hier wird zwar viel Aufklärungsarbeit geleistet und mit den Industriepartnern kooperiert – schlussendlich aber sind wir, wenn man so möchte, das geduldete Übel am Schluss, das noch dazu meist Geld kostet.“ Übrigens: Müll mag zwar ein buchstäbliches Wegwerfprodukt sein, er ist allerdings auch ein wertvoller Rohstoff für Recyclingbetriebe.

Und da der Abfall aus Haushalten und öffentlichen Sammlungen lediglich einen Anteil von rund 25 Prozent ausmacht, hat Loacker den ersten Lockdown vor einem Jahr sehr wohl gespürt: „Von heute auf morgen haben etliche Industriebetriebe und Baufirmen den Betrieb eingestellt. Alles ist stillgestanden, was für uns bedeutete, dass plötzlich die Aufträge weg waren und große Mengen an Rohstoff fehlten, die wir für die Weiterverarbeitung benötigen.“ Die Folge: Auch Loacker musste im Frühjahr 2020 drei Monate Kurzarbeit anmelden. Da im aktuellen Lockdown zumindest Industrie, Bau und Gewerke weiterarbeiten konnten, war die Situation nicht so prekär. Doch Fakt bleibe, so Pierer: „Was auch immer die Zukunft bringen mag - wir müssen damit zurecht kommen. Denn das ist unser Job.“

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Vorarlberg Wetter
1° / 13°
bedeckt
1° / 16°
bedeckt
2° / 15°
bedeckt
3° / 17°
bedeckt



Kostenlose Spiele