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Nehammer: „Türkische Spionage hat keinen Platz“

Österreich
01.09.2020 11:01

Intensive Ermittlungen des polizeilichen Nachrichtendienstes BVT zu den Gewalt-Auseinandersetzungen zwischen kurdischen und türkischen Aktivisten im Juli haben nun einen brisanten Spionagefall ans Tageslicht gebracht. Wie Innenminister Karl Nehammer am Dienstag bestätigte, soll eine türkischstämmige Person Informationen ans Erdogan-Regime weitergeleitet haben. Demnach sei die Person voll geständig, Teil eines Spionage-Netzwerks zu sein. Laut Nehammer werde die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, auch diplomatische Schritte stehen im Raum. Nehammers klare Botschaft an Erdogan: „Türkische Spionage hat in Österreich keinen Platz.“ Auch Integrationsministerin Susanne Raab stellte klar: „Die Türkei will die österreichische Gesellschaft spalten. Dieser Einfluss ist Gift für die Integration.“

Die Person war laut Nehammer ursprünglich in der Türkei inhaftiert. Um wieder frei zu kommen, soll sie zugestimmt haben, im Dienste Ankaras bei Landsleuten in Österreich bzw. türkischstämmigen Einwanderern zu spitzeln. Wie Recherchen der „Krone“ ergeben haben, handelt es sich bei der betreffenden Person um eine Frau. Die Staatsanwaltschaft werde laut Nehammer nun Anklage wegen Spionage erheben.

Bereits Anfang Juli vermutete Nehammer hinter den Krawallen bei Demonstrationen in Wien-Favoriten einen Einfluss aus der Türkei. Daraufhin wurden Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter rekrutiert, um der Sache auf den Grund zu gehen.

„Versuch, auf österreichische Traditionen Einfluss zu nehmen“
Ins Treffen geführt wurde von Nehammer zusätzlich der Fall einer Person, die in der Türkei von den Behörden einvernommen wurde. Dabei wurde dem Mann ein Foto von sich bei einer in Österreich stattgefundenen Kundgebung gegen die türkische Führung gezeigt. Und auch bei den Ausschreitungen in Favoriten war der Exekutive aufgefallen, dass von nicht-polizeilicher Seite mitgefilmt wurde - für Ruf einer der Aspekte für typische nachrichtendienstliche Arbeit. „Der Fall zeigt, mit welcher Energie und mit welchem Nachdruck hier versucht wird, auf österreichische Traditionen wie dem Versammlungsrecht Einfluss zu nehmen“, so Nehammer. 

„Türkei-Einfluss ist Gift für die Integration“
Für die Regierung ist die Situation jedenfalls beunruhigend. „Erdogans Arm reicht bis nach Favoriten. Über Vereine und Moscheen wird Einfluss auf Menschen mit türkischen Wurzeln ausgeübt. Dieser Türkei-Einfluss ist Gift für die Integration“, führte Integrationsministerin Susanne Raab in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Nehammer weiter aus. Die Türkei wolle demnach eine Spaltung der österreichischen Gesellschaft vorantreiben. „Das dulden wir nicht“, so Raab.

Der BVT-Bericht zeige auch, dass die Bundesregierung mit den bisher gesetzten Maßnahmen im Kampf gegen eine Ausbreitung von Parallelgesellschaften auf dem richtigen Weg sei.

„Vermutlich erst an der Spitze des Eisbergs angelangt“
Nehammer will das Problem auch internationalisieren. Den deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat er über den Spionagefall schon informiert. Man müsse sich in Europa gemeinsam gegen den Einfluss Ankaras wehren. Vermutlich sei man erst an der Spitze des Eisbergs angelangt.

Diplomatische Schritte: Außenministerium wartet auf Justiz
Diplomatische Schritte bezüglich des Spionagefalls wird laut Nehammer Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) einleiten. Dort kam Dienstagmittag allerdings vorerst ein Dementi:  Demnach leite das Außenministerium vorerst keine Schritte ein. Eine Sprecherin des Ressorts sprach von einem schwerwiegenden Vorwurf, nun sei aber einmal die Justiz am Zug. Weitere Schritte behalte man sich vor.

Ermittlungen gegen 30 Verdächtige
Nach den Demo-Unruhen in Favoriten ermittelt die Staatsanwaltschaft mittlerweile gegen 30 Verdächtige. An vier Demo-Tagen waren sieben Polizisten sowie ein Diensthund verletzt worden, elf Personen wurden festgenommen, 57 Anzeigen erstattet und 220 Identitätsfeststellungen durchgeführt, wie Sicherheits-Generaldirektor Franz Ruf bei der Pressekonferenz mitteilte. Ihm zufolge waren Personen mit 32 verschiedenen Staatsbürgerschaften an den Protesten beteiligt. Wegen des verbotenen Wolfsgrußes türkischer Rechtsextremer wird nicht ermittelt, weil dies laut Justiz ins Verwaltungsstrafrecht fällt.

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