Spionagevorwürfe

Fokus verschoben: Österreich irritiert Russland

Politik
26.08.2020 06:00

Russland ist irritiert über Österreich. Unter Türkis-Grün hat sich der Fokus der österreichischen Außenpolitik verschoben. Das zeigt die erstmalige Ausweisung eines russischen Diplomaten wegen Spionage. Moskau reagierte gleichsam. Der Kreml wird die Beziehungen aber nicht dauerhaft beschädigen wollen.

Der russische Präsident Wladimir Putin und Kanzler Sebastian Kurz trafen sich zu Zeiten von Türkis-Blau relativ oft. Österreich als Brückenbauer zwischen Ost und West, war der Tenor. Putin sah Kurz als Verbündeten in der EU. In der EU bezeichneten nicht wenige Österreich als Trojanisches Pferd des Kreml. Unrühmlicher Höhepunkt war Putins Besuch bei der Hochzeit von Ex-Außenministerin Karin Kneissl, die ihren berühmten „Knicks“ vor dem Kreml-Chef machte.

Österreich und Russland haben enge Wirtschaftsbeziehungen. Russland schätzt die Investitionen österreichischer Firmen und Banken. Dabei geht es nicht nur um die Kooperation der OMV mit Gazprom und der Beteiligung von knapp 500 Millionen Euro an der Gas-Pipeline Nordstream 2, sondern auch um die südliche Pipeline Turkstream durch die Türkei.

Wegen der Stilllegung des Groninger Gasfeldes muss die EU mehr Erdgas importieren. Und elf Prozent des gesamten EU-Erdgasbedarfs aus Russland laufen über den österreichischen Baumgarten-Hub.

Europa und Russland wechselseitig abhängig
Russland exportiert sein Erdgas vorrangig in die EU, die Türkei und auf den Westbalkan. China ist als neuer Abnehmer dazugekommen. „Zwar ist die Importabhängigkeit groß, aber für Russland ist der europäische Markt unverzichtbar. Fast alle Gasleitungen aus Russland führen nach Europa“, so der Politologe Gerhard Mangott. Er nennt es eine „wechselseitige Abhängigkeit“. Gute Beziehungen zur EU und zu Österreich sind von Vorteil. Sonst warten die USA bereits mit Flüssiggas.

Apropos USA: „Dem Kreml ist nicht verborgen geblieben, dass sich die Prioritäten der österreichischen Außenpolitik verschoben haben“, sagt Mangott. 2018 gab es noch vier Treffen, dann den ersten Spionagefall in Salzburg.

Nun traf Kurz US-Präsident Donald Trump, ein zweites Treffen verhinderte die Corona-Pandemie. US-Außenminister Mike Pompeo wurde kürzlich in Wien empfangen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen reiste nicht zur alljährlichen Siegesparade nach Moskau, Putin nahm seine Einladung zu den Salzburger Festspielen nicht an. Die Beziehung zu Russland hat einen Knacks bekommen.

Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung

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