Mietvertrag: 25 Jahre

Millionen für Asylheim, das Land Tirol nie gehört

Tirol
01.08.2020 13:17

Wieder deuten neue Details rund um die Tiroler Soziale Dienste GmbH auf Chaos und auch Steuergeldverschwendung hin. Die Rede ist vom Flüchtlingsheim in der Innsbrucker Sennstraße um 6,5 Millionen Euro. LA Markus Sint von der Liste Fritz übt herbe Kritik an den Verantwortlichen. 

Ursprünglich war es ein Mädcheninternat der Barmherzigen Schwestern, doch das Haus stand vorwiegend leer. Im November 2014 kam der Vorschlag der Tiroler Landesregierung, das Haus als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. LH Günther Platter formulierte in einer E-Mail seine Unterstützung für das Projekt in der Sennstraße. Die Barmherzigen Schwestern stimmten als Eigentümer diesem Vorschlag folglich zu. Bis die Pläne aber eine konkrete Gestalt annahmen, verging noch eine turbulente Zeit.

„Das zeigt, wie dilettantisch die TSD agiert hat“
Um aus dem Internat ein Flüchtlingshaus zu machen, war ein großer Umbau nötig. „Obwohl die Tiroler Soziale Dienste GmbH seit 1. Juli 2014 operativ tätig war, fädelten Landesbedienstete den Umbau und Mietvertrag ein. Das zeigt, wie dilettantisch die TSD agiert hat“, betont LA Markus Sint von der Liste Fritz. Zweifel an dieser Vorgehensweise äußerten Mitte Februar 2015 sogar Landesbedienstete selbst - siehe Faksimile in der Samstagsausgabe der „Tiroler Krone“.

Dennoch blieb das Land am Ball. Am 10. März 2015 erhielt ein Landesbediensteter von einem Kollegen einen Anruf - sein Aktenvermerk: „Er hat die Anweisung bekommen, dass das Land nunmehr die Sennstraße zu mieten hat.“ Laut Sint könnte man von einer „Anweisung durch LH Platter“ sprechen. Das Land tritt somit als Mieter auf, die TSD GmbH bleibt lediglich sozialpädagogischer Betreuer.

„Trotz Investition gehört es nicht dem Land Tirol“
Mitte August 2015 lag der Hauptmietvertrag auf dem Tisch, Mitte November der Nachvertrag. Die Laufzeit beträgt 25 Jahre (bis 2040), mit zehnjährigem Kündigungsverzicht des Landes. Es wurde Platz für 131 Menschen geschaffen. Laut Regierungsbeschluss wurden 2,6 Mio. € an Gesamtinvestitionskosten genehmigt - 1,4 Mio. € Mietvorauszahlung und 1,2 Mio. € laufende Kapitaltilgung. Die Monatsmiete, die das Land bezahlt, beläuft sich auf 13.100 Euro - 3,9 Mio. € auf 25 Jahre.

„Es handelt sich hier um Gesamtkosten von 6,5 Mio. Euro an Steuergeld - für ein Haus, das nach Ablauf des 25-jährigen Vertrages trotz der Millioneninvestitionen nicht dem Land, sondern dem Orden der Barmherzigen Schwestern gehört. Ob das der sauberste Umgang mit Steuergeld ist, wage ich zu bezweifeln“, betont Sint.

Schriftverkehr mit ausfälliger Wortwahl
Interessant ist, dass beim Mietvertrag die Unterschrift von Ex-TSD-GF Harald Bachmeier zunächst fehlte. „Sollte eine Fertigung durch die TSD GmbH nicht stattfinden, ist ab dem ersten Tag die Miete zu bezahlen und wird die Besiedelung seitens des Vermieters dennoch nicht freigegeben“, schrieb ein Landesbediensteter.

Bachmeier dazu: „Die Sache ist so dermaßen verkackt, dass ich nach heutigem Stand keine Wahl außer Fertigung habe? Meine Hoffnung auf Konsequenzen für die Väter dieses Desasters gebe ich ja noch nicht ganz auf.“ Ex-LR Christine Baur wiederum: „Unterschreiben, Augen auf und durch...“ - Sie meinte wohl „Augen zu und durch.“ Und ein TSD-Aufsichtsratsvorsitzender zu der Causa: „Die Vorgangsweise finde ich fast eine Erpressung. Uns zwingt halt die Not.“ Der Mietvertrag samt Nachtrag wurde von Bachmeier schließlich Mitte November 2015 unterzeichnet.

„Die Vorgehensweise, der Schriftverkehr und die ausfällige Wortwahl offenbaren das pure Chaos. Die ausgelagerte TSD arbeitet 2015 keineswegs eigenständig, sondern verursacht Doppelgleisigkeiten mit der Landesverwaltung“, erläutert Sint.

LH Platter: „Anmietung von Objekten hat Geld gekostet“
Wie lässt es sich gegenüber der Bevölkerung argumentieren, dass das Heim nie dem Land Tirol gehören wird? Ein Versuch von LH Platter.

„Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Flüchtlingswelle 2015 Tirol vor riesige organisatorische Herausforderungen gestellt hat. Von der TSD GmbH, die für die operative Abwicklung verantwortlich war, mussten damals in kürzester Zeit Unterkünfte für rund 4500 Menschen angemietet werden“, sagt LH Günther Platter.

„Empfehlung der Experten war, dieses Objekt zu mieten“
Das Objekt in der Sennstraße verteidigt er: „Nach Prüfung mehrerer Varianten mit angeschlossener Kosten-Nutzen-Analyse war die Empfehlung der Experten, dieses Objekt zu mieten und baulich entsprechend zu adaptieren. Wegen der rasanten Zunahme der Flüchtlingszahlen war die Organisation und Anmietung von ausreichenden Unterkünften eine riesige Herausforderung, die ohne Frage auch Geld gekostet hat, aber vor allem auch im Lichte der damals teils dramatischen Situation gesehen werden muss. Das Objekt wird aktuell zur Flüchtlingsunterbringung genutzt. Es erfüllt diesen Zweck auch, wenn die Zahlen wieder steigen sollten.“

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