Dramatischer EU-Gipfel

„Letztes Angebot“ und ein verzweifelter Appell

Politik
19.07.2020 22:42

Die Staats- und Regierungschefs haben sich beim Gipfel in Brüssel vorerst nicht auf die Ausgestaltung des Wiederaufbaufonds einigen können. In der Frage der Höhe der Zuschüsse habe es keine Einigung gegeben, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Die Gespräche liefen aber auch am späten Abend noch weiter. EU-Ratspräsident Charles Michel wandte sich beim gemeinsamen Abendessen mit einem wohl letzten Appell an die Regierungschefs. Der Belgier verwies auf die zahlreichen Kompromissangebote und Zugeständnisse der letzten Gipfeltage und nannte neben der beispiellosen Krise auch das zu erwartende negative Medienecho als Grund für die Notwendigkeit einer Einigung.

Die sogenannten Sparsamen Vier mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinen Kollegen aus den Niederlanden, Schweden und Dänemark forderten zusammen mit Finnland weiterhin ein kleineres Volumen für den Aufbaufonds - nämlich 700 Milliarden statt 750 Milliarden Euro.

Bundeskanzler Sebastian Kurz vertritt gegenüber EU-Ratspräsident die Linie der „Sparsamen Vier“. (Bild: APA/BKA/ARNO MELICHAREK)
Bundeskanzler Sebastian Kurz vertritt gegenüber EU-Ratspräsident die Linie der „Sparsamen Vier“.

Außerdem verlangten sie, dass davon nur die Hälfte - nämlich 350 Milliarden Euro - als nicht-rückzahlbare Zuschüsse gewährt würden, hieß es. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters beharrten viele andere, darunter Deutschland und Frankreich, darauf, dass der Aufbaufonds mindestens 400 Milliarden Euro an Zuschüssen enthalte.

Offen war auch die Frage der Budgetrabatte. Nach bisher unbestätigten Angaben der Nachrichtenagentur ANSA bot EU-Ratspräsident Michel fünf Ländern Rabatte im Umfang von 25 Milliarden Euro für das siebenjährige EU-Budget von 2021 bis 2027. Rabatte sollten nach bisherigem Stand Deutschland, die Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark erhalten.

Die „Sparsamen Vier“ - Mark Rutte (Niederlande), Sebastian Kurz, Stefan Lofven (Schweden) und Mette Frederiksen (Dänemark) - und Finnlands Premierministerin Sanna Marin (Bild: APA/BKA/Arno Melicharek)
Die „Sparsamen Vier“ - Mark Rutte (Niederlande), Sebastian Kurz, Stefan Lofven (Schweden) und Mette Frederiksen (Dänemark) - und Finnlands Premierministerin Sanna Marin

Streit auch um Rechtsstaatlichkeit
Ein weiterer Konfliktpunkt des Gipfels ist das Kriterium der Rechtsstaatlichkeit. Hier forderte die Gruppe der „Frugalen“ (Österreich, Niederlande, Schweden, Dänemark) und Finnland, dass es „keine faulen Kompromisse“ geben dürfe, sondern klare Regeln und eine Schwelle, die nicht unterschritten werden dürfe. Damit stellten sich die Länder klar gegen die Vetodrohung des ungarischen Premier Viktor Orban, der für Rechtsstaatsfragen Einstimmigkeit forderte, was den Mechanismus wirkungslos machen würde. Orban attackierte am Sonntag den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte. „Der Niederländer ist der wirklich verantwortliche Mann für das ganze Durcheinander, das wir haben“, sagte Orban.

Druck auf „Sparsame Vier“ enorm
Nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA machten die 22 anderen Mitgliedsstaaten zunehmend Druck auf die „Frugalen“ in ihren Wortmeldungen. Sie warnten demnach, die Lage wäre ernst, und man könne nicht immer mehr fordern.

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