Restaurants, Gasthäuser, Cafes und Bars haben seit einer Woche geöffnet. Doch nicht alle haben gleich wieder aufgesperrt, zu zaghaft kommen die Gäste. Wiedereröffnen muss man sich nämlich leisten können. City4U hat verschiedene Lokale in Wien besucht und über die erste Bilanz nach einer Woche Betrieb gesprochen.
Seit Mitte März hatten alle Lokale in Österreich geschlossen. Am 15. Mai durften sie endlich wieder aufsperren. Der erhoffte Ansturm ist bei den meisten - ausgenommen die Spitzengastronomie - jedoch ausgeblieben. „Ein Teil der Menschen hat Angst, der Teil der kommt, konsumiert weniger“, weiß Onur, Chef des Cafe Frida am Yppenplatz in Ottakring.
„Ein Teil der Menschen hat Angst, der Teil, der kommt, konsumiert weniger.“
Onur, Chef des Cafe Frida am Yppenplatz in Ottakring
Der beliebte Platz am Ende des Brunnenmarkts ist voller hipper Lokale, bei schönem Wetter ergattert man keinen Platz. Nicht so jedoch am Eröffnungswochenende. „Wir benötigen durch die Hygienemaßnahmen nun mehr Mitarbeiter, haben dadurch höhere Kosten. Im Gegenzug dürfen wir durch die Abstandsregelungen weniger Tische aufstellen. Es kommen also weniger Gäste, die noch dazu weniger konsumieren als früher“, bedauert der Gastronom. Die Leichtigkeit und Unbekümmertheit ist noch nicht zurückgekommen.
Wärmster Frühling, aber ohne Umsatz
Gerade im Frühjahr machen die Lokale den meisten Umsatz. In diesem Jahr war er auch noch besonders warm und sonnig. „Ich habe das Cafe Frida nun seit drei Jahren. Es ist so gut gelaufen. Nun stehe ich wieder am Anfang. Die nächsten sechs Wochen mache ich keinen Gewinn. Das Urlaubsgeld steht an. Ich habe keinen meiner Mitarbeiter gekündigt, sondern Kurzarbeit angemeldet. Diese Gehälter musste ich jedoch alle vorstrecken, ohne Umsatz machen zu können. Es ist sehr schwierig“, beteuert Onur.
Opening, dann Lockdown
Das Truth and Dare in der Schönlaterngasse im 1. Bezirk hat erst drei Wochen vor dem Lockdown eröffnet. „Die ersten zwei Wochen lief es super an. Doch bereits in der dritten Woche bemerkten wir, dass die Leute Angst hatten, auszugehen. Da hatten wir Umsatzeinbußen von 81 Prozent. Danach kam der Lockdown“, erzählt Inhaber und Barkeeper Dominik Möller. Bevor er gemeinsam mit David Kranabitl den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, mixte er die Drinks im Birdyard.
Ist Corona nachtaktiv?
Glück im Unglück haben sie mit ihrer Bar, was die baulichen Gegebenheiten betrifft: „Wir haben generell einen Ein-Meter-Abstand im Vorderbereich. Im Hinterbereich bei den gemütlichen Sofas finden vier Vierergruppen Platz.“ Was vor allem Bars und andere Abendlokale besonders trifft, ist die vorgezogene Sperrstunde. „Das ist sehr schlimm für uns. Den Hauptumsatz machen wir nämlich zwischen 22 und ein Uhr. Ich hätte ehrlich gesagt lieber erst im Juni geöffnet, dafür aber mit voller Öffnungszeit“, betont Möller.
Open-Air von Vorteil
Auch die Gastronomiebetriebe in den Blumengärten Hirschstetten - einem versteckten Naturparadies im 22. Bezirk - durften vergangenen Freitag wieder öffnen. Der große Andrang blieb aufgrund des schlechten Wetters am ersten Tag jedoch aus. Am Wochenende und an Christi Himmelfahrt lief es aber wieder gut. „Die Leute waren froh, endlich wieder rauszukommen. Viele haben sich schon vorab informiert, wann wir denn endlich wieder öffnen würden“, beschreibt Simon Baier vom Heurigen am Bauernhof in den Blumengärten Hirschstetten. „Es ist sicherlich ein Vorteil, dass bei uns alles Open-Air ist. Dadurch haben die Leute vielleicht weniger Angst vor einer Ansteckung. Jedoch denke ich, dass es verschiedene Menschen gibt. Die, die Angst haben, bleiben zuhause. Die, die keine Angst haben, sind froh, wieder ausgehen zu dürfen“, so der Wiener.
Lieber zum Mitnehmen, als hier essen
Vor dem Traditionseissalon Tichy in Favoriten sah es fast so aus wie früher. Eine lange Schlange, natürlich mit eingehaltenem Abstand und angelegtem Mund-Nasen-Schutz, bildete sich vor dem Straßenverkauf. Die Menschen nahmen für zwei Kugeln Eis gerne längere Wartezeiten in Kauf. Im Inneren des Eissalons zeigte sich jedoch ein anderes Bild: Dort, wo man so gut wie nie einen Sitzplatz ergattern konnte, um einen Eisbecher zu genießen, herrschte gähnende Leere. Die Menschen haben sich in den letzten neun Wochen anscheinend daran gewöhnt, Speisen mitzunehmen, anstatt sie vor Ort zu genießen.
Ohne Touristen kein Geschäft
Die großen Leidtragenden sind im Moment aber die Restaurants und Kaffeehäuser in der City. Nur wenige Wiener schlürfen ihren Cappuccino mehrmals die Woche im Cafe Landtmann oder Cafe Central. Ohne die zahlungskräftigen Touristen, die die im Reiseführer angepriesenen Wiener Kaffeehäuser besuchen, wirken die Wiener Innenstadt und ihre geschichtsträchtigen, qualitativen Gastronomiebetriebe wie ausgestorben.
Doch egal ob Freiluftlokal, Bar, Innenstadt-Cafe oder Hippster-Treff - auf die Gastronomie kommen beschwerliche Monate zu. Vor allem, so lange Mund-Nasen-Schutz noch verpflichtend und die Angst vor einer zweiten Welle zu groß ist. Eine Zeit, die sicherlich noch viele Existenzen zerstören wird. Leider.
Mai 2020
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