Kritik an Österreich

Familienbeihilfe gekürzt: Kommission befasst EuGH

Österreich
14.05.2020 11:30

Im Streit über die Indexierung der Familienbeihilfe will die EU-Kommission den Europäischen Gerichtshof (EuGH) befassen. Informierten Kreisen in Brüssel zufolge soll der Klagsbeschluss am Donnerstagvormittag ergehen. Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr ein mehrstufiges Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Österreich hält mit der Begründung an der Indexierung fest, es handle sich dabei um eine „Frage der Gerechtigkeit“. Der EuGH ist bereits mit der Causa befasst, da das heimische Bundesfinanzgericht den Fall vorgelegt hat.

„Es steht der EU-Kommission frei, den EuGH zu befassen, wenn diese Zweifel an der europarechtlichen Vereinbarkeit der Indexierung hat“, hieß es in einer erste Reaktion von Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) dazu. Nun liege es am EuGH, darüber zu befinden. „Für uns bleibt es aufgrund der unterschiedlichen Lebenserhaltungskosten in der EU weiterhin eine Frage der Gerechtigkeit“, erklärte die Ministerin. Laufende Verfahren würden jedoch nicht weiter kommentiert.

SPÖ sieht „wichtiges Signal für mehr Gerechtigkeit“
Die SPÖ-Europaabgeordneten Andreas Schieder und Evelyn Regner dagegen sahen in der Entscheidung der EU-Kommission „ein wichtiges Signal für mehr Gerechtigkeit“. Statt Menschen „anständig zu bezahlen, werden sie staatlich organisiert extra eingeflogen oder mit Sonderzügen ins Land gebracht“, hieß es in einer Aussendung unter Verweis auf osteuropäische Pflegekräfte.

„Die 24-Stunden-BetreuerInnen zahlen in unser System ein und leisten hier ihre Abgaben. Diese Scheindebatte auf dem Rücken der Schwächsten ist unsozial, europarechtswidrig und nicht mehr als ein Relikt aus der schwarz-blauen Regierung. In einem gerechten Europa sind alle Kinder gleich viel wert. Das wird auch Bundeskanzler Kurz erkennen müssen“, betonte Regner.

Einsparungen deutlich niedriger als von Türkis-Blau erhofft
Durch die 2019 in Kraft getretene „Indexierung“ sollte die Höhe der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder an die dortigen (in der Regel niedrigeren) Lebenserhaltungskosten angepasst werden. ÖVP und FPÖ erhofften sich davon Einsparungen von 114 Millionen Euro, tatsächlich wurde aber deutlich weniger erreicht. Zudem halten Experten die Maßnahme für europarechtswidrig, weil der EuGH bereits 1986 Frankreich eine ähnliche Maßnahme untersagt hat.

In der Corona-Krise war zuletzt wieder Kritik an der Maßnahme laut geworden, weil sie auch dringend benötigte 24-Stunden-Pflegerinnen trifft. Dennoch lehnte die ÖVP die Rücknahme der Indexierung zuletzt ab und will die Entscheidung des EuGH abwarten.

Tschechische Grenzpendlerin als Anlassfall
Anlassfall für das Bundesfinanzgericht, den Weg zum EuGH zu beschreiten, war die Beschwerde einer tschechischen Grenzpendlerin gegen die Kürzung ihrer Familienbeihilfe. Die Frau hat zwei Kinder, lebt mit ihrer Familie und Tschechien, arbeitet aber in Österreich. Nach der von ÖVP und FPÖ beschlossenen Indexierung hat das Finanzamt für Hollabrunn, Korneuburg und Tulln ihre Familienbeihilfe 2019 um 140 Euro gekürzt.

Die Frau hat daraufhin Beschwerde beim Bundesfinanzgericht erhoben. Sowohl sie als auch das Finanzamt haben im Verfahren vorgeschlagen, die Causa vom Europäischen Gerichtshof klären zu lassen, wie aus der Veröffentlichung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichts vom 16. April hervorgeht. Bis zum Spruch der europäischen Höchstrichter hat das Bundesfinanzgericht die Entscheidung über die Causa ausgesetzt. Freilich ist das nicht die einzige Beschwerde gegen die Kürzung der Familienbeihilfe für osteuropäische Arbeitnehmer. Laut Bundesfinanzgericht ist „eine Vielzahl vergleichbarer Verfahren“ anhängig.

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