382.000 Euro lukriert!

Wie kommt Verein, den keiner kennt, an Spenden?

Österreich
23.05.2019 10:03

Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat am Dienstag in Abrede gestellt, dass österreichische Unternehmer Großspenden an FPÖ-nahe Vereine getätigt hätten, und entschuldigte sich bei den im Ibiza-Video namentlich genannten Personen. Die Freiheitlichen bestreiten, dass es Vereine gibt, die als Spendenvehikel dienen, und kündigten an, die gesamten Parteifinanzen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer durchleuchten zu lassen. Am Dienstag legte die Partei der „Krone“ eine Auflistung sämtlicher Spenden vor, die man in Jahren 2016 bis 2018 offiziell erhalten habe - in Summe bescheidene 49.815 Euro. Ein Betrag, der irritiert, vergleicht man ihn mit jenen finanziellen Zuwendungen, die der Verein „Austria in Motion“ seit Juni 2015 lukriert hat - laut eigenen Angaben stattliche 382.000 Euro!

Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil der Verein mit Sitz im Wiener Bezirk Währing bis dato nach außen hin nicht in Erscheinung getreten war. Wer ihn z. B. googelt, findet - abgesehen von aktueller Berichterstattung - nichts über irgendwelche Aktivitäten. Selbst an der angegebenen Vereinsadresse findet sich kein Hinweis auf dessen Existenz. Am Eingang des Hauses gibt es weder eine Klingelanlage, an der Tür im ersten Stock (Bild unten) weder eine Klingel noch ein Türschild.

Dafür aber ein Schild, das auf eine Firma namens Kubes Cluster - in der der Obmann von „Austria in Motion“, Markus Braun, laut eigenen Angaben von 2003 bis 2004 Geschäftsführer war - im ersten Stock hinweist. Den einzigen Hinweis darauf, dass der Vereinssitz tatsächlich hier ist, liefert einer der rechts von der Eingangstür an der Außenwand des Hauses angebrachten Briefkästen: „Familien Braun und Sidlo“ ist auf einem davon zu lesen.

Wohl kein Zufall, denn Braun und Peter Sidlo - seit 2010 FPÖ-Bezirksrat in Wien-Alsergrund - sind sowohl beruflich als auch privat (Braun ist der Schwager von Sidlo) miteinander verbandelt. Der gelernte Jurist Sidlo, er sitzt auf einem FPÖ-Ticket im Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank und ist seit Mai auch Vorstandsdirektor der Casinos Austria, war bis vor Kurzem Vorstand in Brauns Sigma Investment. Der 45-Jährige saß zudem im Vorstand der im Vorjahr abgewickelten Braun Privatstiftung, die an derselben Adresse gemeldet war wie „Austria in Motion“.

Vereinsobmann bestreitet Spenden an FPÖ
Braun dementierte am Montag, dass der Verein ein FPÖ-Spendenvehikel sei und man Gelder an die Freiheitliche Partei weitergeleitet habe. Auch Spenden, Sponsorings oder sonstige Zuwendungen an politische Parteien oder deren Vorfeldorganisationen habe es nicht gegeben, so der Unternehmer. Der Großteil der Spenden (341.000 Euro) befinde sich noch auf den Vereinskonten, so der Vereinsobmann. Ein Telefonat mit ihm fördert Überraschendes zutage ...

Kostspielige Längsschnittstudien geplant
Dass es gelungen sei, 382.000 Euro an Spenden zu lukrieren, obwohl der Verein quasi im Verborgenen werkt, habe wohl mit seiner Tätigkeit - Braun ist Alleinaktionär der Sigma Investment AG - zu tun, sagt der studierte Finanz- und Versicherungsmathematiker. Die Gelder habe er bei Freunden, Kunden und Bekannten gesammelt und die Beträge seien „aufgrund der Klientel“ etwas höher ausgefallen. Mit dem Geld wolle man Längsschnittstudien finanzieren, die aufgrund ihrer Dauer auch einiges kosten. Dies sei auch der Grund, warum man von den Geldern bis dato kaum etwas ausgegeben habe. Es gebe bereits Gespräche mit einer renommierten Universität, am Studiendesign werde auch bereits gearbeitet, erläutert der 45-jährige Investment-Profi wortreich.

Im Vereinsstatut, das sich in Teilen mit dem FPÖ-Programm deckt, ist als einer der Punkte auch die „Förderung der Familie als Grundlage der österreichischen Gesellschaftsordnung“ angeführt. Die geplante Studie soll laut Braun, der Vater mehrerer Kinder ist, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wissenschaftlich untersuchen. Die Ergebnisse wolle man in Büchern oder Broschüren veröffentlichen und bei Vorträgen oder Auftritten im Fernsehen präsentieren und diskutieren, erklärte er im Gespräch mit krone.at.

Verein besteht bloß aus zwei Personen
Brauns Angaben zufolge besteht der Verein nur aus zwei Personen - ihm und Kassier Alexander Landbauer (er ist der Bruder des geschäftsführenden niederösterreichischen FPÖ-Landesparteiobmanns Udo Landbauer), der auch im (ebenfalls 2015 gegründeten) Verein „Wirtschaft für Österreich“ als Kassier aufscheint. Trotzdem stellt Braun, der einer von mehreren blauen Stiftungsräten im ORF ist, im Telefonat die vielfach zitierte FPÖ-Nähe von „Austria in Motion“ in Abrede. Er sei nicht Mitglied der FPÖ, sondern „Mitglied einer anderen Partei“, wie er betonte.

Weiterer FPÖ-naher Verein unter Verdacht
Neben dem Verein „Austria in Motion“ steht mittlerweile ein weiterer FPÖ-naher Verein unter Verdacht, als Spendenvehikel zu fungieren. Demnach hat ein Wiener Manager - auf Vermittlung von Johann Gudenus - mehrere Tausend Euro an einen Verein namens „Wirtschaft für Österreich“ gespendet. Geschehen sei das im Frühsommer 2017, wenige Wochen bevor Gudenus und Strache bei dem Treffen mit der vermeintlichen Oligarchennichte gefilmt wurden. Später, im Sommer, habe er ein Schreiben des freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Markus Tschank, den er persönlich nicht kannte, erhalten, so der Manager.

Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt
Anwalt Tschank - seit Anfang dieses Jahres auch designierter Finanzreferent der Freiheitlichen - war als Kassier auch für „Austria in Motion“ tätig. Wie die „ZiB 2“ am Dienstagabend berichtete, hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Auslieferung des FPÖ-Abgeordneten beantragt. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker erklärte am Mittwoch gegenüber dem Ö1-„Mittagsjournal“, man wolle den Antrag genau prüfen, bevor man sich dazu äußere.

Erst wenn das Auslieferungsbegehren vorliegt, könne man die Sachlage bewerten, er habe aber mit Tschank gesprochen und vertraue ihm diesbezüglich. „Wir können absolut ausschließen, dass es von diesen Vereinen Geldflüsse zur FPÖ gegeben hat“, sagte Hafenecker, der in diesem Zusammenhang von einer „Hexenjagd“ sprach. Sein Wissensstand sei, dass der Verein „Austria in Motion“ das gespendete Geld für Projekte oder Studien zum Thema Sicherheit verwenden wolle, erklärte er gegenüber krone.at.

Obwohl es sich bei den im Zusammenhang genannten Personen um Parteifreunde handelt, will Hafenecker keinerlei Kenntnis zu den beiden Vereinen haben. Sie werden von einem Wirtschaftsprüfer durchleuchtet, Ergebnisse sollen kommende Woche vorliegen, so der FP-Generalsekretär.

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