Auf Partnersuche

Neuwahlen „richtig“, aber wie geht‘s jetzt weiter?

Österreich
19.05.2019 09:35

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich mit der Neuwahl (siehe auch Video oben) richtig entschieden, attestieren ihm die Meinungsforscher. Doch wie geht es nun weiter - und vor allem: mit welchem Partner? Die Fortsetzung von Türkis-Blau halten die Experten für unwahrscheinlich. Gewählt werden dürfte im September, Wahlkampftöne hat Kurz mit seinem Statement am Samstagabend jedenfalls bereits angeschlagen.

„Letztlich war der Weg in Neuwahlen seine einzige Möglichkeit“, schreibt Peter Filzmaier in seinem Kommentar in der Sonntagsausgabe der „Krone“. „Was sonst hätte er denn tun sollen? Mit anderen Politikern der FPÖ weitermachen, die bisher Straches engste Vertraute waren und ausgerechnet dieser ihm vorgeschlagen hat? Das geht nicht.“

„Rein theoretisch möglich gewesen“ wären laut Bundesverfassung zwar auch ein fliegender Koalitionswechsel zur SPÖ oder eine Minderheitsregierung mit deren Unterstützung. „Doch warum sollten die Sozialdemokraten da mitmachen und Kurz die Mehrheit erhalten? Denn ganz frei von allen Vorwürfen kann der Bundeskanzler sich nicht spielen“, so Filzmaier weiter. „Niemand ist direkt dafür verantwortlich, was sein Partner anstellt, doch man hat ihn sich ausgesucht“, gibt der Experte zu bedenken.

Das sollten Sie zum Ibiza-Video wissen:

„Musste Schritt setzen, um größeren Imageschaden abzuwenden“
Hätte Kurz nach dem Ibiza-Video und dem Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) weitergemacht wie bisher, hätte das „massiv auf ihn abgefärbt“, meint auch Politikberater Thomas Hofer. Der ÖVP-Chef habe diesen Schritt setzen müssen, um einen größeren Imageschaden - auch international - abzuwenden. Auch wenn die Neuwahl natürlich „ein gewisses Risiko“ berge - und sich danach die Koalitionsfrage stelle. Denn die Wahrscheinlichkeit der türkis-blauen Koalition geht für Hofer „gegen Null“.

Die FPÖ habe einen „Super-GAU“ erlitten, rechnet Hofer mit Verlusten, aber nicht in dem Ausmaß wie in der ersten schwarz-blauen Phase Anfang der 2000er-Jahre. Das Ibiza-Video sei sicherlich „für viele Politikverdrossene ein schwerer Schlag, das wird nicht spurlos an der FPÖ vorübergehen“. Fraglich sei, ob die ÖVP die abwandernden FPÖ-Wähler - wie 2002 - zu sich holen kann, sei die Situation doch sicherlich für manche Türkis-Blau-Fans „schwer zu verkraften“. Und die Freiheitlichen werden sicherlich dagegen arbeiten, das könne „brutal werden“ - und gar nicht mehr zur bisherigen „Harmonieerzählung“ passen.

Bachmayer glaubt an Wiedereinzug der Grünen in den Nationalrat
Der Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM) glaubt, dass es für Kurz „einfach keine andere Alternative gab“. Mit der Ausrufung der Neuwahl habe er Chancen auf ein verbessertes Wahlergebnis. Aber das politische Agieren werde nicht einfach - falle doch die FPÖ als Koalitionspartner „völlig weg“. Damit bleibe nur die SPÖ oder „Jamaika mit Pink und Grün“. Wobei Bachmayer für die Grünen „allerbeste Chancen“ sieht, in den Nationalrat zurückzukehren - während der Verbleib von JETZT „äußerst fraglich“ sei.

Von der FPÖ seien sicherlich viele Wähler enttäuscht - und Norbert Hofer als Strache-Nachfolger habe als „Sachwalter“ die „Herkulesaufgabe, eine schwer verstörte Partei zu einen und Schwung in den Wahlkampf zu bringen“. Bachmayer hält es für recht wahrscheinlich, dass eigentlich im nächsten Jahr anstehende Landtagswahlen auf heuer vorgezogen werden - etwa in Wien oder im Burgenland, wo die rot-blaue Koalition ja auf der Kippe steht. Die Wiener SPÖ könne jetzt jedenfalls „guten Mutes in die Wahlen gehen“.

FPÖ könnte lange Wartezeit des Kanzlers vor Statement ausnutzen
Nicht wirklich einer Meinung sind die Experten hinsichtlich des Zeitpunkts von Kurz‘ Verkündung: Für Filzmaier war es „wenig geschickt“ von Kurz, „Stunden über Stunden abzuwarten. Das schwächt sein Image als entscheidungsstarke Führungsperson.“ Laut Hofer werde die FPÖ wohl versuchen, aus der langen Wartezeit Kapital zu schlagen - etwa indem sie der ÖVP „Postenschacher“ etwa um den Posten des Innenministers vorhält.

Auch der Meinungsforscher Peter Hajek lobt Kurz zwar für die „sehr gute Erzählung, die wie immer State of the Art war“ - aber auch er fand die Wartezeit zu lang. Das eröffne Raum für Spekulationen und Gerüchte, den die Freiheitlichen ausnützen könnten. „Dann ist die bisher gepflegte große Einigkeit und Harmonie mit einem Schlag vorbei.“

Bachmayer erstaunt über „so rasche Stellungnahme“
Bachmayer hingegen fand es erstaunlich, dass Kurz so rasch Stellung genommen hat. Er hätte eigentlich damit gerechnet, dass über das Wochenende die Situation parteiintern und mit Beratern besprochen wird und Kurz erst Montag seine Entscheidung bekannt gibt.

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