Experte warnt:

Droht den steirischen Landwirten das Ende?

Steiermark
03.11.2018 07:00

In seiner Initiative „Land schafft Leben“ stellte Hannes Royer bislang 14 Lebensmittel und ihre Produktion vor, ohne zu werten. Nach all seiner Recherche richtet er jetzt einen flammenden Appell an Produzenten, Konsumenten und Vertrieb: „Wir alle haben eine brutale Verantwortung. Wenn wir uns nicht rigoros für einen völlig anderen Weg entscheiden, wird der steirische Bauer sterben!“

Vor gut zwei Jahren hat der Schladminger Bauer den Verein „Land schafft Leben“ gegründet, stellt dabei die Produktion von Lebensmitteln vor. Seine Motivation: „Um im Supermarkt mündige Kaufentscheidungen treffen zu können, muss der Konsument über Wissen verfügen.“ Dass sein Projekt dermaßen einschlägt und prominente Unterstützer findet - „das hat mich zunächst überrascht und dann überwältigt. Und ist für mich deutliches Signal, am Ball zu bleiben.“

Mit all dem Wissen und den Recherche-Ergebnissen, die Hannes Royer und sein Team eingefahren haben, richtet er sich jetzt aber mit einem dramatischen Appell an uns alle. „Wir müssen das Ruder herumreißen.“ Was soll das aber heißen?

„In vielen Bereichen auf dem Holzweg“
Royer erklärt das anhand einiger drastischer Beispiele: „Wir befinden uns in diversen Bereichen völlig auf dem Holzweg, vor allem wenn wir immer noch glauben, mit Masse punkten zu können und in diese Richtung arbeiten. Bei uns ist ein Schweinestall mit 2000 Tieren schon riesig. Aber wissen Sie was? In China entsteht gerade einer mit 450.000 Tieren! China hat sich vorgenommen, der weltweit größte Schweinefleisch-Exporteur zu werden - bis 2030! Angesichts solcher Fakten und Produktionsmassen in Belgien, Argentinien und anderen Staaten ist es logisch, dass wir da nicht mithalten können.“

Die Steiermark hätte es verabsäumt, stattdessen schon längst vehement auf Klasse zu setzen, „Waren zu produzieren, die sonst keiner hat. Der Feinkostladen der EU zu werden. Mit Raritäten zu punkten.“ Aber: „Es ist noch nicht zu spät. Das meine ich mit Ruder herumreißen.“

Äpfel aus Polen
Nächstes Beispiel Polen. „Der Staat hat absolut aufgerüstet und gewinnt als Top-Produktionsland für Äpfel, produziert riesige Mengen gängiger, beliebter Sorten. Auch da können wir nicht mehr mithalten. Stattdessen müssten die Bauern umdenken und auf Raritäten und köstliche Sorten setzen, die es sonst nirgends gibt.“

Die Maßnahmen müssten allerdings mit voller Konsequenz durchgezogen werden. „Ich kann nicht sagen, ich werde der Feinkostladen, mache das Beste vom Besten - und dann produziere ich Schweinefleisch wieder in der Masse. Mit Tieren auf engstem Raum, auf Vollspaltboden, alles abgesichert wie in einem Hochsicherheitstrakt. Das muss transparent und offen sein. Wer Gutes leistet und Top-Produkte erzeugt, der kann das dem Kunden auch zeigen.“

„Steirisches muss etwas wert sein“
Royer appelliert: „Dem Konsumenten muss Steirisches etwas wert sein. Wir können nicht hohe Tierschutzstandards verlangen und dann zur Pute aus Ungarn greifen, weil die nur 5,99 Euro pro Kilo kostet. Es muss doch jedem klar sein, dass etwas falsch läuft, wenn ein Kilo Fleisch weniger kostet als ein Kilo Brot oder Hundefutter!“

Und: „Mit alternativen Produktionswegen entgehen wir auch Abhängigkeiten: Wie sehr wir da schon abhängig sind, ist der Gesellschaft sicher nicht bewusst.“ Früher hätte der Bauer einen Teil seiner Maisernte weggelegt, um neu anzusäen. „Heute muss jedes Jahr neues Saatgut von Weltkonzernen zugekauft werden.“ Hersteller gibt es aber nur wenige. Es ist nicht nur Mais - „Hybrid-Hühner kommen ebenfalls von wenigen Konzernen“. Wer weiß schon, dass konventionelle Hühner sich gar nicht mehr vermehren können! Das wurde weg gezüchtet

„Schleunigst umdenken“
Royer: „Ist uns klar, was das heißt? Wie da einige wenige die Preisschraube richtig andrehen können? Oder, falls das nicht funktioniert, Versorgungswege einfach kappen können?“ Mögliche Folgen - unvorstellbar. Die Entwicklung scheint ihm recht zu geben. Von außen strömen Produkte herein, die billiger sind, vom Schaf bis zum Holunder. Gerade die Apfel- und Schweinebauern kämpfen derzeit gegen einen massiven Preisverfall, können nicht einmal mehr kostendeckend arbeiten. Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lang sie durchhalten können. „Daher schleunigst umdenken“, mahnt Hannes Royer. „Wir alle bestimmen jetzt unsere Zukunft.“

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