Angeklagte bestreiten

Mit Voodoo-Ritual zur Prostitution gezwungen

Salzburg
11.09.2018 18:22

Sie überquerte die Wüste Nordafrikas, das Mittelmeer Europas und landete in Italien: mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch Landsmänner zwangen die Nigerianerin (26) zur Sex-Arbeit und brachten sie dafür zu einer Voodoo-Hexerin. Im Landesgericht Salzburg bestreitet ein angeklagtes Duo (38, 36) die Vorwürfe.

Die Opfer werden an Schulen und Märkten rekrutiert. „Es fängt bei 15-Jährigen an“, gibt ein erfahrener Bundeskriminalbeamter dem Schöffensenat Einblick in eine Welt jenseits unserer Vorstellung. Es geht um Menschenhandel und grenzüberschreitenden Prostitutionshandel - um eine Form von Sklaverei unter Ausnutzung kulturellem Irrglauben, Stichwort Voodoo-Hexerei. „Die Mädchen werden vorbereitet, beispielsweise mit einem Briefing für das Asylverfahren. Von Prostitution ist dort nie die Rede.“ Auch die Naivität der Frauen nutzen die Menschenhändler eiskalt aus: beispielsweise indem sie ihnen die Reise nach Europa finanzieren und sich diese zurückbezahlen lassen. Oft Beträge um 50.000 Euro.

Frauen werden durch Ritual eingeschüchtert

Noch bevor die Opfer am Strich landen, werden sie zu einer Voodoo-Hexerin gebracht: Mit einem so genannten Juju-Ritual werden die Frauen „körperlich und geistig unterworfen“, so der Experte. Dabei müssen sich die Opfer entblößen. Ihnen werden die Haare abgeschnitten - samt Finger- und Zehennägel. Dies kommt in ein Gefäß während die „Juju-Priesterin“ Voodoo-Parolen von sich gibt. „Sie müssen einen Eid ablegen. Ihnen wird gesagt, auf keinen Fall zur Polizei zu gehen“, berichtet der Zeuge. Und er weiß: „Die Mädchen glauben tatsächlich daran. Sie erzählen aber selbst nie etwas über das Juju-Ritual.“

Von Benin City über Verona nach Salzburg

Eine 26-Jährige tat es: Detailliert schilderte sie den Behörden ihre Leidensgeschichte. Beginnend mit ihrer Tante in Nigeria, die den Kontakt zu einem hier lebenden Autohändler herstellte: dem Erstangeklagten (38). Laut Anklage soll er, gemeinsam mit einem Landsmann (36), die junge Frau in Verona abgeholt und nach Salzburg gebracht haben. Davor soll die 26-Jährige von einem anderen Mann vergewaltigt worden sein- ein Fall für die italienischen Strafbehörden.

In Salzburg angekommen, soll der 38-Jährige die Frau zu einer „Madame“ gebracht haben: um mit dem Juju-Ritual ihre Moral zu brechen. Diese „Madame“ organisierte die Sexarbeit und kassierte das Geld ein.

Opfer schaffte es wieder nach Österreich

Trotz allen Drohungen blieb das Opfer stark und weigerte sich der Prostitution nachzugehen: „Sie ist ein intelligentes Mädchen. Ich wusste schon nach kurzer Zeit, dass sie ein Opfer ist“, so der Ermittler. Im April 2016 wurde die Nigerianerin nach Italien abgeschoben, schaffte es aber wieder nach Österreich. Mittlerweile lebt sie hier und wird von einer Hilfsorganisation unterstützt.

Angeklagte streiten Vorwürfe ab

Bereits am ersten Prozesstag Mitte April stritten die Angeklagten die Vorwürfe ab. „Sie lügt“, sagte der Erstangeklagte gegenüber Richterin Anna-Sophia Geisselhofer und bezeichnete das Ritual als „Aberglaube“.  Verteidiger Kurt Kozak betonte: „Zuhälterei sieht anders aus“. Er sieht einen anderen Grund für die Aussagen der Frau: Nämlich jenen, „um in Europa bleiben zu können“.

Nun am zweiten Prozesstag wurde die Schwester des 38-Jährigen per Videokonferenz mit Italien befragt: Dass sie eine „Madame“ sei, verneinte sie ebenso wie die Frage, ob sie das Opfer kenne. Weitere Zeugen sind nicht erschienen.

Prozess vertagt

Für Kozak fehlen jegliche objektiven Beweise. Für den BKA-Beamten ist sie aber „glaubwürdig“, wie er auf Richter-Nachfrage betonte. Zudem verwies er auf Fotos und eine Anrufliste, die der Verteidiger genauso beantragte wie Urkunden der Frau. Deshalb vertagte Richterin Geisselhofer auf den 4. Dezember.

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