Herzogin Kate von England hätte in dieser Runde wohl einiges hinzuzufügen gehabt, denn bei allen ihren Schwangerschaften musste die künftige Königin kürzertreten - aufgrund von „Hyperemesis gravidarum“ (HG), dem unstillbaren Schwangerschaftserbrechen. Auch Jacqueline Salopek und Elisabeth Reitinger litten darunter.
Etwa zwei Prozent der werdenden Mütter leiden unter starker Übelkeit mit Erbrechen, bis zur Hälfte von ihnen in gefährlicher Form. So auch die heute 26-jährige Jacqueline Salopek und ihre Freundin, die 34-jährige Elisabeth Reitinger. Die beiden kennen sich durch eine Online-Selbsthilfegruppe. Zunächst verlief alles normal. „Ich habe mich sehr gefreut, als ich den positiven Test in Händen hielt“, erinnert sich Jacqueline Salopek an die Zeit vor etwa fünf Jahren zurück. „Und auch als ich mich einmal in der Früh übergeben musste, fand ich das nicht weiter schlimm, schließlich machte das die Schwangerschaft real. Als mir jedoch den ganzen Tag übel war und ich zwei-, dreimal brechen musste, fragte ich bei meiner Gynäkologin nach. Diese meinte, das würde nach dem dritten Monat aufhören, was es jedoch nicht tat. Im Gegenteil, es wurde schlimmer.“
Die junge Schwangere musste in der folgenden Zeit bis zu 40 Mal täglich erbrechen, verlor an Gewicht und bekam im Spital Infusionen, da ihr Körper dehydriert war. Eine schwere Zeit für die Verlags-Angestellte. „Trotz meines schwachen Zustandes fehlte vielfach das Verständnis. Ich solle nicht so wehleidig sein, Schwangerschaft sei schließlich keine Krankheit. Außerdem unterstellten mir einige, ich würde mein Baby gar nicht bekommen wollen, hätte sogar psychische Probleme, weil ich eine sehr junge Mutter war. Traurig wurde ich allerdings wegen der Übelkeit mit ihren Begleiterscheinungen, Depressionen waren nicht die Ursache.“ Die junge Frau nahm 13 Kilogramm ab, vermied Treffen mit Freunden und zog sich immer mehr zurück. „Mein Kreislauf war so in Mitleidenschaft gezogen, dass ich in der Dusche einen Sessel brauchte“, berichtet die Mutter eines heute 4-jährigen Sohnes.
Mit medikamentöser Hilfe bekam Jacqueline Salopek ihre Brechattacken halbwegs in den Griff. „Ich habe geweint vor Freude, als ich nach der Geburt erstmals wieder etwas essen konnte“, erinnert sich die quirlige Frau. Obwohl sie gerne ein zweites Kind hätte, fürchtet sie sich vor einer weiteren Schwangerschaft. Immerhin stehen die Chancen „gut“, dass HG wieder auftritt. Das kann die 34-jährige Leidensgenossin Elisabeth Reitinger bestätigen. Die Mutter von vier Kindern hatte bei jedem mit schwerster Schwangerschaftsübelkeit zu kämpfen. „Ich musste lange Zeit im Spital bleiben, selbst dort brach ich alle 15 Minuten, ich konnte kaum schlafen. Schließlich landete ich auf der Intensivstation, weil sich meine Blutwerte als lebensbedrohlich präsentierten“, schildert die sympathische Wienerin.
„Es war so schlimm, dass ich die Schwangerschaft sogar abbrechen wollte. Erst mit Medikamenten, die direkt auf bestimmte Gehirnareale wirkten, bekam man die Attacken unter Kontrolle.“ Die weiteren Schwangerschaften überstand sie ebenfalls nur mit Hilfe von Arzneien. „Natürlich hatte ich gehofft, mir würde bei meinen weiteren Kindern nicht mehr übel werden, das hat sich leider nicht bewahrheitet. So heftig wie beim ersten Kind wurde es aber dank medikamentöser Unterstützung nicht mehr“, erklärt die Lehrerin, die derzeit mit ihrer kleinsten Tochter in Karenz ist.
Auch sie fühlte sich während dieser schweren Monate oft mit ihren Nöten nicht ernst genommen. „Wir wünschen uns, dass Hyperemesis als Krankheit wahrgenommen wird und man nicht um eine Berufsfreistellung sowie die Gabe von hilfreichen Arzneien kämpfen muss“, so die beiden Frauen. „Hinweise, sich einen Psychiater zu suchen, sind ebenfalls nicht hilfreich. Genauso wenig wie Tipps für Hausmittelchen, z. B. Ingwertee zu trinken oder in der Früh ein Keks zu essen. Nein, Schwangerschaft ist keine Krankheit, aber HG-Patientinnen sind schwanger UND krank!“
Was ist Hyperemesis Gravidarum?
Übelkeit und Brechen betreffen etwa die Hälfte der Frauen zu Beginn. Normalerweise sind sie spätestens bis zur 16.-20. Schwangerschaftswoche wieder abgeklungen, wobei in bis zu 20 Prozent der Fälle die Symptome bis zur Geburt bestehen bleiben können.
Die „Hyperemesis gravidarum“ hingegen bezeichnet die übersteigerte Form der Schwangerschaftsübelkeit mit anhaltendem Erbrechen mehr als fünfmal pro Tag. Weitere Symptome: Gewichtsabnahme von mehr als 5 Prozent des Körpergewichtes bzw. mehr als 3 kg, ausgeprägtes Krankheitsgefühl sowie eine erschwerte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Dieses Leiden tritt bei bis zu zwei Prozent der Schwangeren auf. Bei ungefähr 0,5-1 Prozent nimmt die Erkrankung bedrohliche Formen für Mutter und Ungeborenes an.
Dr. Eva Greil-Schähs, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.