Debatte um KH Nord

Physiker: „Energetik kann sogar tödlich enden“

Österreich
30.05.2018 20:55

Am brisanten Fallbeispiel Wien (Stichwort „Energie-Schutzring“ für das Krankenhaus Nord) diskutierten Experten am Mittwochabend im neuen krone.tv-Format #brennpunkt - die ganze Sendung können Sie hier nachsehen - über das umstrittene Thema „Energetik“. „Verkannte Wissenschaft oder Abzocke?“, wollte Moderatorin Katia Wagner wissen. Geht es nach Physiker Werner Gruber, so mangelt es nicht nur am wissenschaftlichen Beweis: „Wir haben jedes Jahr sechs bis acht Tote, wo bespielsweise Eltern ihre Kinder nicht zum Arzt bringen und selbst behandeln.“ Herwig Steinhuber, Schamane, warf hingegen ein, dass sogar „immer mehr Ärzte“ die Energetik für sich entdecken würden. Energetiker Charly Lechner betonte, man mache „keinen willkürlichen Voodoo“. Oberarzt und Krebsmediziner Günter Koderhold sieht die Alternativmedizin „mehr im Wellnessbereich angesiedelt“. 

Was Physiker Werner Gruber besonders sauer aufstößt, ist, dass es auf diesem Gebiet vor allem an der staatlichen Kontrolle fehle. Im Gegensatz zu seriösen Berufen könne quasi jeder als „Energetiker“ arbeiten - da es ja ein freies Gewerbe ist. „Es gibt keine zertifizierte Ausbildung, keine Überprüfung. Ich selbst habe Physik studiert, 95 Prozent meiner Kollegen sind da rausgefallen.“ Die Gefahr bestehe hier vor allem im Wecken von Vertrauen: Sechs bis acht Menschen würden jährlich in Österreich durch fragwürdige Behandlungen den Tod finden. „Die Eltern gehen dann zum Beispiel nicht zum Arzt, lassen die Kinder nicht behandeln, bis sie sich nur noch von ihren Kindern verabschieden können ...“ Der ganze Bereich würde als „harmlos“ dargestellt.

„Machen keinen willkürlichen Voodoo“
Dem hielten WKO-Vertreter Charly Lechner und Schamane Herwig Steinhuber, dagegen, dass es sehr wohl Ausbildungen und Zertifikate gebe. Lechner dazu: „Wir machen keinen willkürlichen Voodoo. Die Österreicher sollen weiterhin frei wählen können, denn es gibt ja sowieso schon überall Beschränkungen.“ Steinhuber betont, dass vor allem die Ergebnisse wichtig seien: „Wenn es dem Menschen besser geht, nachdem er bei mir war, dann wurde etwas richtig gemacht.“ Zudem wolle man sich nicht „auf die wissenschaftliche Notwendigkeit zurückführen lassen“, so Lechner. Steinhuber warf ein, dass sogar „immer mehr Ärzte“ die Energetik für sich entdecken würden.

„Teil eines Lifestyles, der nicht zu unterschätzen ist“
Oberarzt und Krebsmediziner Koderhold betonte, dass für ihn die Alternativmedizin „keine Alternative zur naturwissenschaftlichen Medizin ist“. Viel mehr gehöre sie in den Bereich der Wellness: „So lange die Energetiker sich nicht als Heiler sehen und sich nicht in die naturwissenschaftliche Medizin einmischen, sehe ich das mit einem Fünkchen Humor.“ Der Trend zu Energetik und Co. sei „Teil eines Lifestyles, der nicht zu unterschätzen ist“.

„Fall KH Nord echte Bauernfängerei“
In der Causa KH Nord war man sich allerdings einig, dass da wohl einiges in die falsche Richtung gelaufen ist. Steinhuber meinte mit einem Schmunzeln im Hinblick auf das Honorar von 95.000 Euro, dass der Auftragnehmer da wohl „gut verhandelt hätte“. Die Qualität der Arbeit wollte er nicht beurteilen, sprach allerdings dann doch von „Scharlatanerie“.

Lechner begrüßte es, dass „nun ermittelt wird, wie dieser Auftrag zustande gekommen ist“: „So ein Energieriegel um 95.000 Euro - da passt was nicht! Ein Energieriegel kostet beim Spar 1,50 Euro und das bringt was, wenn man den isst." Gruber betonte, dass es hier alleine schon an der Definition des Wortes Energie mangle, Mediziner Koderhold sagte dazu: „Das ist eine Mode innerhalb aller Krankenanstalten Österreichs, der KAV hat das nicht erfunden.“ Der Auftrag beim KH Nord sei allerdings „ein Schwindel“ gewesen: „Das war echte Bauernfängerei!“

Sämtliche Ausgaben des neuen Talk-Formats (jeden Mittwoch, 19 Uhr, hier auf krone.at) zum Nachsehen sowie Highlight-Videos finden Sie unter krone.at/brennpunkt.

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