Politik unter Druck

„Kniefall des Landes vor Strom-Lobby“

Salzburg
28.02.2018 06:00

Zwei Top-Juristen sagen: Es gibt kein „Torpedierungsverbot“. Das Land hatte ja bisher argumentiert, dass es dort kein Schutzgebiet ausweisen kann, wo die 380-kV-Freileitung geplant ist. Auch Grün-Politikerin Astrid Rössler will lieber Leitungen und Masten statt ein Nockstein-Schutzgebiet. Die Empörung wächst.

Was ist in diese Landesregierung gefahren? Handelt sie wider besseren Wissens? Ignoriert sie einfach Erkenntnisse unabhängiger Juristen? „Die Salzburger Landesregierung ist nicht dazu da, einen Kniefall vor der Strom-Lobby zu machen“, so kritisiert Ex-Politiker und Top-Jurist Dr. Adolf Concin den Eiertanz vor allem der grünen Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler.

Diese beharrte Montag in einem ORF-Interview darauf, dass auch eine Freileitung durch ein Schutzgebiet führen darf (?). Und das Montag vorgelegte Rechtsgutachten von Dr. Nicolas Raschauer, eines unabhängigen und ausgewiesenen Experten im Verfassungs-, Verwaltungs- und Europarecht „liefere keine neuen Argumente“, sagte Rössler.

Da hat sie recht: Denn der Innsbrucker Univ.-Prof Dr. Karl Weber hatte in einem Gutachten für die Gemeinde Koppl bereits vor fünf Jahren klar gestellt: „Das bundesstaatliche Berücksichtigungsprinzip verlangt nicht, dass jedes Projekt von übergeordnetem Interesse genau in der Form bewilligt werden muss, wie sie sich der Betreiber in den Kopf gesetzt hat. Wichtig ist, dass das Projekt insgesamt nach wie vor realisierbar ist.“

Dr. Nicolas Raschauer hatte im Auftrag des SP-Landtagsklubs klar festgestellt: Bundes- und Landesinteressen sind nach der Bundesverfassung gleichrangig zu betrachten, selbstverständlich kann das Land einen „Geschützten Landschaftsteil“ am Nockstein ausweisen. Mehr noch: Da alle Voraussetzungen dafür vorliegen, muss das Land das Areal sogar schützen.

„Die politische Verantwortung in Salzburg ist leider nicht vorhanden“, klagt Koppls Bürgermeister Rupert Reischl: „Salzburg hat es nicht notwendig, sich von der E-Lobby vereinnahmen zu lassen. Die einzige Lobby, für die die Landesregierung da sein sollte, sind die Bürger von Salzburg. Und diese Freileitung ist gegen den Willen der Bürger.“

Der Koppler ÖVP-Bürgermeister warnt eindringlich: „Das Land sollte die Bürger nicht für dumm verkaufen. Wollen die Politiker ein zweites Hainburg riskieren? Sollen sich die Leute wieder an die Bäume ketten, die ja für die Leitung reihenweise fallen sollen?“

Universitätsprofessor Weber hat in seinem Gutachten 2013 sinngemäß festgehalten: Wenn das Land ein Schutzgebiet nicht erlässt, obwohl alle Voraussetzungen gegeben sind, stehen auch strafrechtliche Konsequenzen für die betroffenen Akteure im Raum. Adolf Concin, Ex-VP-Landtagsabgeordneter in Vorarlberg, vertritt nun die Gemeinden Koppl und Eugendorf: „Es ist völlig klar, dass es kein Torpedierungsverbot gibt. Astrid Rössler soll endlich ihren Job machen und ein Schutzgebiet erlassen. Die Entscheidung, ob es umgesetzt werden kann, liegt ja nicht bei ihr sondern bei den Behörden und Gerichten.“

Auch Ex-Naturschutzbund Präsident Hans Kutil, von der 380-kV-Leitung nicht persönlich betroffen, ist fassungslos: „Wenn Astrid Rössler in vorauseilendem Gehorsam jetzt schon über einer Ausnahme im Schutzgebiet orakelt, so sei ihr ins Stammbuch geschrieben: Die gäbe es nur bei ’unbedeutenden Auswirkungen’. Und dazu zählt eine Freileitung wohl nicht.“ Anwalt Concin: „Rösslers Äußerungen sind an Peinlichkeit nicht zu überbieten.“

Wolfgang Weber
Wolfgang Weber
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Salzburg



Kostenlose Spiele