Kaution bestätigt

Julius Meinl V. ist wieder frei

Wien
03.04.2009 13:06
Julius Meinl V. ist wieder in Freiheit. Er hat in einem Taxi Freitagmittag das Wiener Landesgerichtliche Gefangenenhaus verlassen. Der Die BAWAG PSK, bei der die für Meinl entrichtete Kaution von 100 Millionen Euro hinterlegt wurde, hat schriftlich bestätigt, "dass das Geld nicht mehr einseitig rückgebucht werden kann", so Christian Gneist, der Sprecher des Wiener Straflandesgerichts. Wegen Fluchtgefahr hatte das Wiener Landesgericht über Meinl, dem gewerbsmäßiger Betrug und Untreue vorgeworfen wird, Untersuchungshaft verhängt.

Das vom stellvertretenden Generaldirektor der BAWAG, Stefan Koren, sowie der Leiterin der Rechtsabteilung unterfertigte Schreiben wurde um 11.45 Uhr der Justiz übermittelt. Darin heißt es unter anderem, dass die Anweisung über die Kaution "ohne Zustimmung des Kontoinhabers, nämlich der Verwahrstelle des Oberlandesgerichts Wien, nicht widerrufen werden kann". Daraufhin konnte Meinl zu Mittag aus der Justizanstalt Wien-Josefstadt entlassen werden.

Häftling Meinl "ganz ruhig"
Die zweite Nacht im Gefängnis hatte sich Julius Meinl V. davor "ganz ruhig" verhalten, schilderte Oberst Josef Gramm von der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Aus Sicherheitsgründen war der Banker in einer Zwei-Mann-Zelle untergebracht. "Für jemanden wie ihn ist die derzeitige Situation sicher nicht einfach. Wir wollen sicherstellen, dass er die Möglichkeit einer Ansprache hat", so Gramm am Freitagvormittag.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen ihn und rund ein Dutzend weitere Verdächtige im Zusammenhang mit der Affäre um Meinl European Land (MEL; heute Atrium Real Estate) unter anderem wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Untreue. Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser befinde sich allerdings nicht unter den Verdächtigen, sagte der Sprecher der Anklagebehörde.

Wegen Fluchtgefahr hatte das Wiener Landesgericht über Meinl die U-Haft verhängt. Binnen kürzester Zeit gelang es seinen Anwälten jedoch, die geforderte 100 Million-Euro-Kaution beizubringen.

Meinl am Mittwochabend verhaftet
Meinl war am Mittwochabend verhaftet worden, nachdem er zuvor von den Ermittlern stundenlang zur Affäre um die Meinl European Land einvernommen worden war. 

Die MEL soll vor allem Zertifikationsscheine ausgegeben haben, die über mehrere Firmen mit dem Geld von Anlegern zurückgekauft wurden. "Zweck war, den Kurs der Papiere hochzuhalten", sagte Gerhard Jarosch von der Staatsanwaltschaft. Der zuständige Staatsanwalt habe Meinl dazu "eingehend befragt". Rede und Antwort musste Meinl auch zu sogenannten Partly Paid Shares (teileinbezahlte Anteile) stehen, "durch die der MEL sehr viel Geld entgangen ist", wie der Behördensprecher mitteilte. 150 Millionen derartige Anteile wurden aufgelegt, für die laut Jarosch nur 1 Cent pro Stück einbezahlt wurde. Der damit verbundene Vorwurf der Anklagebehörde an das Management: "Man hätte diese Anteile jederzeit einrufen können. Das ist nicht geschehen." 

Die weiteren Anschuldigungen betreffen einerseits Werbematerial, in dem die MEL "als quasi mündelsicher beworben wurde", wie Jarosch erklärte. Das habe "natürlich nicht den Tatsachen entsprochen". Andererseits wurden dem Sprecher der Staatsanwaltschaft zufolge bei der Ausgabe der MEL-Anteile an die Meinl Bank AG bzw. an Treuhänder "extrem hohe Gebühren ausbezahlt", was - so zumindest der Verdacht - ebenfalls bewusst rechtswidrig geschehen sein soll.

Durchsuchungen bereits im Februar
Bereits Mitte Februar hatten etwa 60 Ermittler stundenlang mehr als 10 Villen, Wohnungen und Büros des Milliardärs und drei seiner Vorstände im In- und Ausland durchsucht. Im Visier der Polizei-Razzia stand unter anderem die erst vor einem Jahr von Tresorknackern ausgeräumte Meinl-Privatvilla im noblen Grinzing. Aber auch Domizile in der Wiener Innenstadt sowie im benachbarten Bratislava. Zudem durchstöberten Ermittler die Computer sowie Akten der Privatbank. Die Wirtschafts- und EDV-Experten suchen nach Hinweisen auf die Geschäftsverbindungen zwischen dem Geldinstitut und Meinl European Land.

Anleger haben mit "Jersey" Millionen verloren
Aufsichtsbehörden und Justiz hatten den betuchten Investmentbanker wegen eines Finanzskandals um verheimlichte Aktienrückkäufe bei der einstigen Meinl European Land (MEL) Jersey lange im Visier. Zigtausende Anleger haben mit den von ihm entworfenen Jersey-Meinl-Börsefirmen Milliarden verloren, über zwei der drei Ex-Meinl-Fonds auf Jersey - die von "Rebellen" übernommene "Airports" und "Power" - ist vorige Woche der Auflösungsbeschluss gefallen. Julius V. bestritt lange, mit den Firmen verflochten zu sein. Ob die Ermittler bei ihren Hausdurchsuchungen Organigramme über das weitverzweigte Netz an Stiftungen und Briefkästen und neue Beweise über die Art der Verflechtungen fanden, wird ein erwarteter Prozess zeigen.

Rücktritt Ende 2007
Seit vor knapp zwei Jahren die umstrittenen Aktienrückkäufe offenkundig wurden, kam Meinl nicht mehr aus den negativen Schlagzeilen. Als er um Weihnachten 2007 nach 24 Jahren an der Spitze der Meinl Bank zurück trat und sich kurzerhand an die Aufsichtsratsspitze wählen ließ, hatte das "nichts mit Notenbank-Untersuchungen zu tun", wie er damals wissen ließ. Meinl war trotz seiner damals erst 48 Jahre der dienstälteste Vorstandschef einer österreichischen Bank.

"Ich habe diesen Wechsel nach genau 25 Jahren im Vorstand der Bank schon länger geplant, um das Unternehmen in der Tradition der Familie Meinl als Vorsitzender des Aufsichtsrates zu führen", erklärte Meinl damals. Ein Versuch, als "Präsident" in die Fußstapfen seiner nach Generationen "durchnummerierten" Vorfahren zu treten.

Imperium von Liechtenstein aus gesteuert
Das Imperium wurde über Holdings von Liechtenstein aus gesteuert. Dem Banker Meinl haftete Luxus an, tausende Anleger, die bei Meinl European Land & Co. Milliarden verloren haben, sahen in ihm und seinen Getreuen zuletzt aber nur mehr eine ganz gewöhnliche Zockerpartie, die Börse und Behördenvertretern mit den ständigen Hinweisen, für sie gelte österreichisches Recht ganz einfach nicht, auf der Nase herumtanzte.

Julius Meinl V hat das Familienimperium stärker verändert als fast alle seiner Vorgänger. Kritiker sprechen vom Niedergang des Imperiums. Aus einer vor fast 150 Jahren gegründeten und rund um den Lebensmittelhandel zentrierten Gruppe hat er in etwas mehr als zwei Jahrzehnten einen Finanzdienstleister gemacht. Gute Kontakte zu Hochfinanz und Politik haben da nicht geschadet.

Julius Meinl wurde am 9. Juli 1959 in London geboren und trat 1983, mit etwas mehr als 23 Jahren, an die Spitze der Meinl Bank. Das mit einem britischen Pass ausgestattete Mitglied der bekanntesten Handelsdynastie der Habsburgermonarchie fühlte sich im gehobenen Bankgeschäft wohl, nicht im altehrwürdigen Einzelhandel. Ab Mitte der 90-Jahre verkaufte er in mehreren Schritten die Handelsfilialen in Österreich, Ungarn und Tschechien. Sie gingen an große Ketten, in Österreich 1998 an Rewe (Billa/Merkur), 2000 wurde schließlich der Rest an Spar verkauft. Zurückbehalten wurde nur die Meinl-Filiale am Graben. Auch auf Kaffee legte man noch Wert. 

1997 wurde die Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL) gegründet, in die die verbliebenen osteuropäischen Handelsimmobilien der Familie eingegliedert wurden, die 2002 an die Börse gebracht wurde. Nach massiven Rückkäufen von Aktien, mit denen im Sommer 2007 der MEL-Kurs gestützt wurde, und deren Kurse in der Folge crashten, kam auch die Bank und deren Verbindung zur MEL ins Visier von Öffentlichkeit, Aufsichtsbehörden und Staatsanwalt.

Jachtausflug mit Flöttl
Obwohl Meinl und seine Familie nur selten Auftritte in der Society hatten, ist der Banker immer wieder unfreiwillig in den Schweinwerfer der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Etwa durch seine Freundschaft mit dem früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der bei "Meinl Power" ins Management kam. Oder auch wegen einer Begebenheit aus dem Jahr 2005, die ihn mit Wolfgang Flöttl, der Zentralfigur des BAWAG-Skandals, in Zusammenhang brachte ("Jachtausflug").

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