In der ÖVP war man nach der knapp dreistündigen Sitzung sichtlich bemüht, eine Festlegung auf eine Regierungszusammenarbeit mit der SPÖ zu vermeiden. Der Einstieg in Verhandlungen sei kein Präjudiz für den anschließenden Eintritt in eine Große Koalition, sagte Pröll. Es gebe auch andere Optionen, die später vielleicht politisch möglich würden. Man werde Gespräche "ohne parteipolitische Präferenz" führen, aber "voraussichtlich zuerst mit der SPÖ" verhandeln, so der Parteichef. "Dieser Beschluss bindet mich nicht allein an Gespräch mit der SPÖ", betonte Pröll.
Vier Gegenstimmen im ÖVP-Vorstand
Unumstritten war der Beschluss für einen Eintritt in Koalitionsverhandlungen nicht: Neben dem steirischen Landesparteichef Hermann Schützenhöfer stimmten auch Burgenlands Landesparteichef Franz Steindl sowie mit Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Finanzlandesrat und Vizeparteichef Christian Buchmann zwei weitere Steirer gegen den Beschluss. Er stehe aber voll hinter Parteichef Josef Pröll, so Schützenhöfer.
Erste Verhandlungen am kommenden Montag
Offiziell eröffnet werden dürften die Verhandlungen kommenden Montag. SPÖ-Chef Werner Faymann hatte diesen Termin Dienstagvormittag genannt. Ihm gegenüber sitzen werden neben Pröll, Molterer und Plassnik auch Innenministerin Maria Fekter, Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer, Staatssekretärin Christine Marek, Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz Kopf, Wissenschaftsminister Johannes Hahn und Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Faymanns Team wird vermutlich erst am Donnerstag feststehen, wenn SP-Präsidium und -Vorstand tagen. Einzige Fixstarterin ist laut Aussagen des SP-Chefs Bundesgeschäftsführerin Doris Bures.
Knackpunkt der anstehenden Regierungsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ dürfte wohl das Thema EU werden. Pröll nannte am Vormittag einmal mehr ein Bekenntnis zur EU als klaren Bestandteil bei etwaigen Verhandlungen. Faymann wiederum schloss aus, von der SPÖ-Linie abzurücken.
Idee einer Konzentrationsregierung
Aufhorchen ließ die ÖVP am Nachmittag mit der Idee nach Bildung einer Konzentrationsregierung (Allparteienregierung). Pröll hatte diesen Vorschlag des Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl (V) als "Option" bezeichnet. Die Realisierungschancen dürften gering sein: Während Faymann dazu lediglich ironisch anmerkte, eine solche Variante sei rechnerisch möglich, kam von BZÖ und Grünen strikte Ablehnung. Für die FPÖ ist die Variante vorstellbar. Aber auch in der ÖVP wurde der Vorschlag teilweise eher belächelt: Derartiges würde "von Leuten in die Welt gesetzt, die zwar Ideen haben, aber selten angehalten sind, Ideen umzusetzen", sagte etwa Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll.
Besprochen werde könnte der Vorstoß bei der nächsten Runde der am Dienstagnachmittag erstmals abgehaltenen "Österreich-Gespräche" zwischen den Chefs der fünf Parlamentsparteien (siehe Infobox!).
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