Schock in Kroatien

Tochter von Zagorec-Anwalt in Zagreb erschossen

Ausland
09.10.2008 16:20
In Zagreb ist Montagvormittag die Tochter des Anwalts von Vladimir Zagorec erschossen worden. Die 26-jährige Ivana Hodak wurde laut Medienberichten gegen 11.00 Uhr im Zentrum der kroatischen Hauptstadt - durch zwei Kopfschüsse regelrecht hingerichtet - aufgefunden. Zvonimir Hodak ist einer der kroatischen Anwälte des am vergangenen Donnerstag von Österreich an seine Heimat ausgelieferten kroatischen Generals und Ex-Vize-Verteidigungsministers.

Ivana Hodak wurde im Zentrum Zagrebs in einem Hausflur mit zwei Kopfschüssen umgebracht. Augenzeugen berichteten von einem 30- bis 35-jährigen Mann, der aus dem Haus gestürmt sei, in dem die Leiche der Rechtspraktikantin gefunden worden war. Schüsse seien aber keine zu hören gewesen. Möglicherweise wurde ganz Mafia-mäßig ein Schalldämpfer benutzt.

Auf die Frage nach den Urhebern des Mordes an seiner Tochter sagte der sichtlich geschockte Zagorec-Anwalt gegenüber Journalisten vieldeutig: "Raten Sie doch, wer dahinter steckt." Ein Polizeisprecher betonte, es werde "in alle Richtungen ermittelt". Der Fall ist besonders pikant, weil sich Ivana Hodak jüngst in einem "besonderen Interessenskonflikt" befunden haben soll. Seit dem Sommer war sie nämlich mit dem Anwalt von Zagorec' "Erzfeind" Hrvoje Petrac, Ljubo Pavasovic Viskovic, liiert. Petrac wurde wegen der Entführung von Zagorec' Sohn verurteilt.

Der kroatische Präsident Stjepan Mesic berief wegen des "schrecklichen Verbrechens" eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates ein. Premier Ivo Sanader verurteilte die "schreckliche Tragödie". "Wir werden Organisierte Kriminalität und Mafiamorde nicht mehr tolerieren", versprach er. Nach Angaben der Tageszeitung "24sata" sperrte die Polizei die Grenzübergänge Kroatiens, um zu verhindern, dass sich der oder die Täter ins Ausland absetzen können.

Zagorec fürchtet um sein Leben
Zagorec war 2000 nach Österreich geflüchtet und hatte seine Auslieferung nach Kroatien vor allem mit dem Argument bekämpft, dass er in seiner Heimat um sein Leben fürchten müsse. Seine Anwältin Elisabeth Rech zeigte sich in einer ersten Reaktion "erschüttert" über den Tod der Tochter von Zagorec' kroatischem Anwalt Ivan Hodak. "Wir werden das sicher nicht so stehen lassen", sagte Rech auf die Frage, was sie nun zu tun gedenke. 

Bei seinem ersten Auftritt vor einem Zagreber Gericht am Freitag schwieg Zagorec, dem unter anderem vorgeworfen wird, Edelsteine im Wert von fünf Millionen Dollar (3,42 Mio. Euro) veruntreut zu haben. Sollte er sein Insiderwissen über die kroatische Politik der 1990er Jahre preisgeben, könnte dies hochrangigen Vertretern der seit 2003 wieder regierenden Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) sehr unangenehm werden.

Anwältin: "Kein faires Verfahren möglich"
"Ein faires Verfahren in Kroatien ist unter diesen Umständen nicht durchführbar", betonte Rech, die sich erschüttert und zugleich in ihren Befürchtungen bestätigt zeigte. "Wir haben immer damit gerechnet", sagte sie. "Es ist die Frage, ob sich das alles wirklich ausgezahlt hat", sagte Rech mit Blick auf die erst am vergangenen Donnerstag erfolgte Auslieferung von Zagorec an sein Heimatland. "Wir werden auf politischem Wege alles unternehmen, dass das Ganze ein Ende findet", verwies die Anwältin unter anderem auf Kontakte mit der EU-Kommission.

Das EU-Kandidatenland Kroatien steht unter anderem wegen Missständen im Justiz- und Sicherheitsbereich in der Kritik. Erst vorige Woche demonstrierten kroatische Journalisten gegen die angebliche Untätigkeit der Polizei, nachdem die Urheber eines Anschlags gegen einen bekannten Reporter auch nach mehreren Monaten nicht ausgeforscht werden konnten. Dusan Miljus war auf offener Straße in Zagreb zusammengeschlagen worden.

Staatsanwaltschaft: "Kroatien hat eine sehr gute Justiz"
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch, wollte sich nicht auf Spekulationen über einen Zusammenhang des offenkundigen Mordes an der Tochter von Zagorec' Anwalt und das gegen den kroatischen Ex-Vizeverteidigungsminister in Zagreb laufende Verfahren einlassen. Jarosch verteidigte die Entscheidung, Zagorec an sein Heimatland auszuliefern.

„Kroatien hat eine sehr gute Justiz, sie entwickelt sich sehr gut“, verwies der Sprecher unter anderem auf die Fortbildung kroatischer Justizbeamter durch ihre EU-Kollegen. „Bis jetzt hat es nur positive Erfahrungen gegeben.“ Auch wäre ein Mord, sofern es sich um einen solchen gehandelt habe, „nicht der Justiz anzulasten“, fügte Jarosch hinzu. Auch könne die Auslieferung von Zagorec nicht zurückgenommen werden, sagte er auf die Frage nach der möglichen weiteren Vorgangsweise der österreichischen Justizbehörden in diesem Fall. Bedeckt zu dem „tragischen Vorfall“ gab sich der Sprecher des Justizministeriums, Thomas Gaiblinger. „Wir können nichts dazu sagen“, verwies Gaiblinger auf die Zuständigkeit des Gerichts, das den Fall Zagorec "entsprechend geprüft" habe.

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