Bald Brasilianerin?

Paszek könnte am ehesten für Brasilien spielen

Sport
06.08.2008 14:22
In einer Pressekonferenz im Wiener Hilton hat sich Tamira Paszek am Dienstag den Frust von der Seele geredet. Dabei ging es vor allem um die Ungerechtigkeit ihrer Nicht-Nominierung für die Olympischen Spiele durch das ÖOC und um einen möglichen Nationenwechsel der Vorarlbergerin. Die Entscheidung wird in den nächsten Monaten fallen, als neue Heimat kommt vor allem Brasilien in Frage. Jedenfalls blickt Paszek optimistisch in die Zukunft und meint: "Ich weiß wieder, wo ich hin will!"

Möglichkeiten stehen Tamira Paszek genug offen, denn vom Talent hat die zweifache Grand-Slam-Achtelfinalistin die Tennis-Welt schon mehrmals überzeugen können. Allen voran Larri Passos. Der Brasilianer, der Gustavo Kuerten seinerzeit zu drei French-Open-Titeln geführt hat, ist nicht umsonst schnell überzeugt gewesen, die Vorarlbergerin nach einem halben Jahr "Auszeit" wieder unter seine Fittiche zu nehmen. "Ich war im schlechtesten Zustand überhaupt, so hat mich Larri nach den French Open übernommen. Das einzige, was er gesagt hat, war: Oh mein Gott, was machen wir jetzt?"

Die Antwort war, trainieren, was das Zeug hält. Nach sieben Wochen erneuter Zusammenarbeit geht es nicht nur ergebnismäßig steil bergauf. "Ich habe in eineinhalb Wochen Camp dreieinhalb Kilo an Fett verloren, das ist nicht schlecht", stellt sie fest. Auch mental ist sie gestärkt. "Ich weiß wieder, wo ich hin will, habe meine Ziele genau vor Augen." Zunächst will sie wieder dorthin, wo sie 2007 schon war: ein Ranking um 35. Montreal brachte ihr schon eine Verbesserung um 27 Plätze auf Position 67.

Brasilien als neue Heimat?
Und weil sich Paszek in Brasilien so wohl fühlt, wäre das südamerikanische Land vielleicht sogar eine mögliche neue Heimat. "Ich habe in Brasilien das perfekte Umfeld. Ich habe einen Trainer, der zu mir steht, ein Camp, wo ich trainieren kann. Ich habe dort Leute, die mich unglaublich behandeln, die mich auf Händen tragen, wenn ich dort bin", erzählt Tamira. Den Tennisverbands-Präsidenten Brasiliens kennt sie auch schon. "Ich habe in Brasilien meine zweite Familie gefunden." Und Passos will sie ohnehin nie wieder hergeben: "Ich will ihn nie wieder als Menschen verlieren, nie wieder als Trainer. Er ist für mich mehr als nur ein Trainer, er ist für mich wie ein Vater, der mich auch in schlechten Zeiten unterstützt und immer hinter mir steht."

Schule vor Wimbledon abgebrochen
In Österreich sind die Bande zuletzt etwas mehr gekappt worden. Wohl auch, weil Tamira klammheimlich noch vor Wimbledon die Schule in Dornbirn/Schoren vorzeitig verlassen hat. "Es war ein freundschaftliches Gespräch mit dem Direktor", meint Paszek lachend. Sie möchte nun die Schule via Internet beenden, in Brasilien gäbe es sogar eine deutschsprachige Internet-Schule.

Im Hinblick auf die ÖOC-Entscheidung wird sie alle Möglichkeiten prüfen, auch mit dem Internationalen Tennisverband (ITF) darüber sprechen. "Man hat mir die Chance auf Punkte, ein Turnier, auf Geld und auf eine Olympiateilnahme mit 17 genommen. Das ist, wie wenn ich für ein Turnier wie die US Open nenne und bin durch mein Ranking, das ich mir erarbeitet habe, im Hauptbewerb und der Turnierdirektor sagt: Tamira ich will dich nicht im Turnier dabeihaben." Verbittert ist Tamira aber nicht nur wegen dem ÖOC, auch von so manchem Untergriff in den Medien.

Ein Interview, wonach sie sich in den "Dschungel abgesetzt habe", hat sie auch geärgert. "Okay, ich bin in Brasilien, trainiere im Dschungel mit ein paar Affen Backhand cross und Vorhand longline und hab dort meinen Frieden gefunden", meint sie sarkastisch. Doch es verbinde sie sehr viel mit Österreich, nicht nur Sponsorenverträge und Familienbande.

"Fitness ist nicht alles im Tennis"
Beim (medialen) Großreinemachen sprach Tamira auch grundsätzlich das an ihr immer wieder kritisierte Gewicht an. "Ich glaube, die Fitness ist nicht alles im Tennis." Natürlich sei sie das vergangene halbe Jahr schlecht beieinander gewesen. "Ich war keine Sportlerin, keine Athletin, ich war eine normale Person, die ab und zu ins Fitnessstudio geht." Aber zur Spielerin mit einer Figur wie Maria Scharapowa wird sie nie werden. "Ich habe die Gene meiner Eltern, ich bin nicht wie andere, die 2.000 Kalorien verbrauchen in kürzester Zeit. Ich kann vier Stunden trainieren und habe danach immer noch keinen Hunger, irgendwie verbrennt es bei mir nicht so schnell. Das ist etwas, worüber ich mir keine Gedanken mache. Zu 90 Prozent spielt im Tennis der Kopf eine sehr große Rolle."

"Fall Paszek" sogar beim IOC ein Thema
Der "Fall Paszek" war am Mittwoch sogar ein Thema bei der IOC-Session in Peking. Allerdings nur, weil der Präsident des Internationalen Tennisverbandes ITF, Francesco Ricci Bitti, vom IOC-Vizepräsidenten und Oberjuristen Thomas Bach dort gemaßregelt wurde. Im Tennis war mehrfach versucht worden, von den jeweiligen NOK's nicht nominierte Spieler und Spielerinnen doch noch zu den Spielen zu bringen.

So hatte der deutsche DOSB den Profi Rainer Schüttler im letzten Moment nominiert, obwohl dieser zum Stichtag keinen Quotenplatz erreicht hatte. Schüttler hatte sich dadurch nachträglich durch ein CAS-Urteil sogar das Startrecht für das Olympia-Turnier in Peking erstreiten können. Im Fall von Tamira Paszek hatte die ITF sogar brieflich interveniert, um die Vorarlbergerin trotz der Nichtnominierung durch das ÖOC an den Spielen teilnehmen zu lassen.

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(Bild: KMM)
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