Germanwings-Absturz

Vater von Kopilot: “Suchen auch nur nach Wahrheit”

Ausland
24.03.2017 14:05

Genau vor zwei Jahren steuerte Germanwings-Kopilot Andreas Lubitz einen Airbus 320 mit insgesamt 150 Menschen an Bord gegen eine Felswand in den französischen Alpen. Dass sein Sohn ein Massenmörder sein soll, will Vater Günter Lubitz nicht akzeptieren. Am zweiten Jahrestag der Katastrophe gab er eine Pressekonferenz, in der er feststellte: Kein Arzt oder Therapeut habe damals Suizidgedanken bei seinem Sohn festgestellt. Mit einem neuen Gutachten will der Anwalt der Familie Lubitz nun den Fall erneut vor Gericht bringen.

Die Familie müsse damit leben, dass der Sohn als "depressiver Massenmörder" dargestellt werde und als "dauerdepressiv" gelte, so Günter Lubitz. Sein Sohn Andreas habe seine Depression im Jahr 2009 aber überwunden. Die festgestellten Arztbesuche 2014 und 2015 seien ausschließlich wegen seines Augenleidens nötig gewesen. Er habe seinen Sohn in den Jahren vor dem Absturz als "lebensbejahenden, verantwortungsvollen" Menschen erlebt.

Dem offiziellen Untersuchungsbericht zufolge hat Andreas Lubitz den Airbus vor zwei Jahren absichtlich gegen einen Berg in den französischen Alpen gesteuert. Alle 150 Menschen an Bord starben.

"Reaktionen wären gleich, egal welchen Tag wir gewählt hätten"
Lubitz rechtfertigte den Zeitpunkt der Pressekonferenz auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Crash. Die Reaktionen wären die gleichen gewesen, "egal welchen Tag wir gewählt hätten". Der Familie sei es darum gegangen, Gehör zu bekommen. "Wie alle anderen Angehörigen sind wir auf der Suche nach der Wahrheit."

Im Rahmen der Pressekonferenz in Berlin stellte Luftfahrtexperte Tim van Beveren ein neues Gutachten zum Absturz vor. Darin werden zahlreiche Details der Ermittlungen kritisiert. Van Beverens Fazit: Es gebe keinen Beleg dafür, dass Andreas Lubitz den Absturz absichtlich verursacht hat. "Bis heute gibt es keinen solchen Beweis." Van Beveren betonte vor rund 150 Journalisten allerdings, dass auch er keinen alternativen Hergang des Unfalls habe: "Ich muss Sie leider enttäuschen, ich weiß es nicht."

Unter anderem fand der auch journalistisch tätige Experte keinen Beweis dafür, dass Andreas Lubitz vor dem Crash bei Bewusstsein war. Atemgeräusche ließen noch nicht darauf schließen, dass man bei vollem Bewusstsein sei, so der Experte.

Auch jenen Punkt im Bericht der französischen Flugunfalluntersuchungsbehörde und der deutschen Staatsanwaltschaft, wonach die Cockpit-Tür von innen verriegelt war, zweifelt Van Beveren an: "Es gibt für diese Spekulation überhaupt keinen stichhaltigen Beweis, auch nicht nach einem Jahr akribischer Ermittlungen. War vielleicht das Keypad defekt? Es wird nur alle 12.000 Stunden bei der Wartung überprüft. Wenn so ein Keypad kaputt ist, hat das Konsequenzen, vor allem, wenn ein Flugzeug in der Luft ist. Ich habe einen Hinweis bekommen, dass es bei diesem Flugzeug ein Problem gab: dass sich eine Crew schon einmal im Cockpit eingesperrt hat und sich nicht mittels Keypad befreien konnte. Ich habe es weitergegeben, es ist nicht untersucht worden."

Staatsanwaltschaft bekäftigt: Lubitz war nicht gesund
Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft trat dem Eindruck entgegen, der Kopilot sei beim Absturz gesund und lebensfroh gewesen: "Er litt seit Monaten unter Schlaflosigkeit, hatte Angst um sein Augenlicht, war verzweifelt", sagte Staatsanwalt Christoph Kumpa am Freitag. Eine Woche vor dem Absturz habe sich Lubitz - das zeigte die Auswertung seines Tablet-Computers - über Suizidmöglichkeiten informiert, außerdem über das Schließsystem der Cockpit-Tür. Zudem habe er bereits auf dem Hinflug die Flughöhe kurzzeitig verändert, wiederholte der Staatsanwalt bereits bekannte Ermittlungsergebnisse.

Am zweiten Jahrestag des Absturzes der Maschine wurde in den französischen Alpen unterdessen der Opfer gedacht. In der Kathedrale der Alpenstadt Digne-les-Bains kamen am Freitag rund 500 Angehörige zu einer ökumenischen Trauerzeremonie mit Schweigeminute zusammen. In der deutschen Stadt Haltern gedachten Schüler, Lehrer und Eltern der Opfer. Zur Zeit des Absturzes um 10.41 Uhr versammelten sich Hunderte Menschen auf dem Schulhof des Joseph-König-Gymnasiums zu Schweigeminuten. Weiße Rosen erinnerten an die 16 Schüler und zwei Lehrerinnen, die unter den 150 Toten waren.

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