Pass nach 6 Jahren

“Staatsbürgerschaft neu” geht in Begutachtung

Österreich
05.02.2013 14:44
Die Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz ist am Dienstag in Begutachtung gegangen. Neu ist die Möglichkeit, bei guter Integration nach sechs Jahren eingebürgert zu werden. Die Chefverhandler von SPÖ und ÖVP, Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Staatssekretär Sebastian Kurz, zeigten sich zufrieden mit dem Kompromiss, der auch Erleichterungen für uneheliche bzw. adoptierte Kinder bringen soll.

Ein bis zuletzt strittiger Punkt war die Gewichtung der Sprachkenntnisse als Bedingung für eine vorzeitige Einbürgerung. Die SPÖ-Verhandler rund um Hundstorfer und Staatssekretär Josef Ostermayer hatten sich für diesbezügliche Erleichterungen eingesetzt. Kurz kam dem Anliegen des Regierungspartners nach.

Der nun ausgehandelte Kompromiss sieht ein Drei-Stufen-Modell vor, das sich bei den Einbürgerungen auch am Fortschritt bei der Integration orientiert. Wer gut integriert ist, soll die Staatsbürgerschaft nach sechs Jahren bekommen, ausreichend integrierte Bewerber sollen wie bisher nach zehn Jahren eingebürgert werden. Wer die Vorgaben nicht erfüllt, erhält keinen österreichischen Pass.

Am Dienstag ging die Novelle mit folgenden Eckpunkten in Begutachtung:

  • Antragsteller können in Zukunft nach sechs Jahren Aufenthalt in Österreich um die Staatsbürgerschaft ansuchen, wenn sie in dieser Zeit einer Arbeit nachgehen, Steuern und Abgaben zahlen und keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Angerechnet werden auch Zeiten in Eltern- oder Familienhospizkarenz. Die Kandidaten müssen einen "gesicherten Lebensunterhalt", also ein Einkommen von rund 1.000 Euro im Monat, aufweisen. Für die Einbürgerung nach sechs Jahren sind Deutschkenntnisse auf Maturaniveau (Sprachlevel B2) notwendig.
  • Für Betroffene, die nur Mittelschulniveau (B1) in Deutsch aufweisen, gibt es dennoch eine Möglichkeit zur Staatsbürgerschaft nach sechs Jahren: Zusätzlich zu den übrigen Voraussetzungen müssen die Bewerber zumindest drei Jahre lang gemeinnützig tätig gewesen sein. Das kann bei Organisationen wie Feuerwehr, Rotem Kreuz oder Samaritern, beruflich im Bildungs-, Sozial- oder Gesundheitsbereich oder ehrenamtlich in Interessensverbänden wie Elternvertretungen oder Betriebsräten erfolgen.
  • Bei Deutschkenntnissen auf B1-Level oder darunter und keiner "nachhaltigen persönlichen Integration" gibt es keine Möglichkeit auf eine Einbürgerung nach sechs Jahren. Der Antrag kann – wie bisher – erst nach zehn Jahren gestellt werden. Bedingungen sind Unbescholtenheit, Selbsterhaltungsfähigkeit und ein positiv absolvierter Staatsbürgerschaftstest.
  • Ausnahmen gibt es für Menschen mit Behinderungen oder schweren gesundheitlichen Einschränkungen. Diese sollen nach zehn Jahren Anspruch auf die Staatsbürgerschaft haben, auch wenn sie nicht alle Kriterien erfüllen. Sogenannten "Putativ-Österreichern", die fälschlicherweise von den Behörden als Staatsbürger behandelt wurden, wird rückwirkend die Staatsbürgerschaft zuerkannt.
  • Uneheliche Kinder sollen in Zukunft auch dann die Staatsbürgerschaft erhalten, wenn der Vater Österreicher ist. Bisher war das nur bei einer österreichischen Mutter möglich. Bei Adoptionen von ausländischen Kindern wird der Erwerb der Staatsbürgerschaft bis zum 14. Lebensjahr erleichtert.
  • Der Staatsbürgerschaftstest ist weiterhin für alle neuen Österreicher verpflichtend. Das Verfahren wird jedoch bis zum Frühjahr überarbeitet. Es soll weniger historisches Faktenwissen geprüft und stattdessen mehr Gewicht auf Werte und Fragen des Zusammenlebens gelegt werden. Dazu wird eine "Rot-Weiß-Rot-Fibel" erarbeitet.

ÖVP kommt SPÖ entgegen
Im ersten Entwurf von Kurz, den er im vergangenen Oktober präsentiert hatte, waren Deutsch auf Maturaniveau und gemeinnütziges Engagement für vorzeitige Einbürgerungen verpflichtend vorgesehen gewesen. Der nun vorliegende Plan gilt als Zugeständnis an die SPÖ.

Kurz nannte den Kompromiss am Dienstag einen "Erfolg für die Integrationspolitik". Die Staatsbürgerschaft sei ein "hohes Gut" und werde in der Novelle auch als solches behandelt: "Je besser man integriert ist, desto schneller soll man die Staatsbürgerschaft erhalten", sagte Kurz. "Man sollte stolz sein, Österreicher werden zu dürfen."

Auch die SPÖ-Verhandler Hundstorfer und Ostermayer zeigten sich zufrieden. Das neue Staatsbürgerschaftsgesetz bringe "deutliche Erleichterungen bei der Einbürgerung von gut integrierten Zuwanderern", sagte Hundstorfer, der zuletzt auf die Erleichterungen bei der Adoption und die Anerkennung von Karenzzeiten gedrängt hatte.

FPÖ will Staatsbürgerschaft auf Bewährung
Die FPÖ ist mit dem Entwurf weniger glücklich. Generalsekretär Harald Vilimsky kritisierte die Erleichterungen bei der Einbürgerung. Er forderte vielmehr eine Verschärfung sowie eine dreijährige Staatsbürgerschaft auf Bewährung: "Wenn sich innerhalb der drei Jahre herausstellt, dass keine ausreichende Identifikation mit der Republik und ihren Werten gegeben ist, muss auch die Möglichkeit einer Aberkennung gegeben sein", so Vilimsky in einer Aussendung.

Die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun, bezeichnete die Pläne der Regierung als "Minimalumsetzung der sowieso zwingend umzusetzenden höchstgerichtlichen Entscheidungen. Von einer echten Modernisierung und einem Ankommen im 21. Jahrhundert sind sie leider weit entfernt." Die Möglichkeit, nach sechs Jahren eingebürgert zu werden, betreffe laut Korun nur eine sehr kleine Gruppe an Menschen. Die Mehrheit würde "aufgrund von sehr restriktiven Regeln weiterhin von gleichen Rechten ausgeschlossen bleiben".

BZÖ-Chef Josef Bucher wünschte sich eine Prüfung des Entwurfs auf "Schlupflöcher und Hintertüren". Grundsätzlich sei seine Partei für Detailgespräche offen, da "einige unserer langjährigen Forderungen beinhaltet sind".

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