21 Gefühle dekodiert

Computer erkennen jetzt genau, wie es uns geht

Wissenschaft
01.04.2014 10:49
Wissenschaftlern der US-amerikanischen Ohio State University ist ein Durchbruch im Bereich der maschinellen Erkennung von Emotionen gelungen. Sie haben ein Computerprogramm entwickelt, das 21 verschiedene Gesichtsausdrücke unterscheiden und benennen kann. Selbst nicht so alltägliche Gefühle wie "ängstlich wütend" oder "traurig angewidert" soll die Anwendung erkennen. Man hofft, die Technologie könnte eines Tages Menschen mit Autismus helfen, die Gefühle ihrer Mitmenschen besser einzuschätzen.

"Wir sind über simple Gesichtsausdrücke für Emotionen wie 'glücklich' oder 'traurig' hinausgekommen. Wir haben einen starken Zusammenhang zwischen der Art und Weise entdeckt, wie Menschen ihre Gesichtsmuskeln bewegen, um 21 verschiedene Arten von Emotionen auszudrücken", erklärt der Kognitions- und Computerwissenschaftler Aleix Martinez.

"Das ist einfach atemberaubend"
"Das ist einfach atemberaubend. Das sagt uns, dass diese 21 Emotionen von fast jedem auf die gleiche Art ausgedrückt werden – zumindest in unserer Kultur", so Martinez in einer Aussendung der Universität. Das aus der Forschung von Martinez und seinen Kollegen resultierende Computerprogramm soll menschliche Emotionen mit größerer Präzision erkennen als je zuvor. Es könnte sogar bei der Diagnose und Behandlung von Autismus und posttraumatischem Stress helfen, hoffen die Wissenschaftler.

Bisher haben Kognitionswissenschaftler wie Martinez mit nur sechs relativ eindeutig erkennbaren Emotionen das Auslangen finden müssen. Dass man nun 21 Gefühle erkennen könne, eröffne ganz neue Möglichkeiten bei der Analyse des menschlichen Gehirns, heißt es. Eine Gehirnfunktion mit nur sechs Emotionen abzubilden sei, wie ein Gemälde nur mit den Grundfarben Rot, Grün und Blau zu malen. Durch den Durchbruch bei der Emotion habe man nun plötzlich eine dreimal so große Farbpalette zur Verfügung.

5.000 Bilder von 230 Freiwilligen ausgewertet
Um so viele verschiedene Emotionen mit vergleichsweise hoher Zuverlässigkeit zu erkennen, haben Martinez und seine Kollegen insgesamt rund 5.000 Bilder von ihren Studenten geknipst. 130 Männer und 100 Frauen haben an dem Versuch teilgenommen.

Sie wurden mit verbalen Hinweisen dazu gebracht, bestimmte Gesichtsausdrücke zu zeigen. Ein Ekel-Gesichtsausdruck wurde beispielsweise durch den Satz "Du riechst einen schlechten Geruch" hervorgerufen. "Du hast gerade großartige unerwartete Neuigkeiten erfahren" rief das Gefühl "freudig überrascht" hervor – und so weiter.

Die insgesamt 5.000 Aufnahmen wurden gesichtet, Auffälligkeiten in den Gesichtsmuskeln markiert, bis man 21 verschiedene Gesichtszustände entdeckt hatte. Durch die statistische Analyse der Fotos wurden dann für bestimmte Gefühle typische Gesichtsmuskel-Bewegungen identifiziert, anhand derer das Computermodell nun erkennt, was ein Mensch gerade fühlt.

Erkennungsgenauigkeit von mehr als 90 Prozent
Martinez zufolge erkennt man die 21 identifizierten Emotionen mit erstaunlicher Genauigkeit. Freude ist fast universell: Sie wird von 99 Prozent der Menschen gleich ausgedrückt. Ein überraschter Gesichtsausdruck führt bei 92 Prozent der Menschen zu den gleichen Muskelbewegungen. Und selbst den komplexen Zustand "freudig überrascht" bringen 93 Prozent der Menschen auf die gleiche Weise zum Ausdruck.

Auch wenn es noch weiterer Forschung bedarf, verspricht die Technologie schon jetzt eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Sie könnte nicht nur für Erkennung und Therapie mentaler Beeinträchtigungen verwendet werden, sondern künftig auch Computern ermöglichen, den Gemütszustand des Nutzers zu erkennen.

Smartphones, die ihren Besitzer mit lustigen Videos aufheitern, wenn er traurig ist, oder Staubsaugerroboter, die sich trollen, wenn sie wieder mal eine Vase umgeworfen und ihren Herrn damit wütend gemacht haben, rücken so einen Schritt näher.

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