Frontex warnt:

"Mittelmeerroute so stark frequentiert wie nie"

Ausland
28.06.2016 10:13

Der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, hat vor einer Belastung Italiens durch die Verlagerung der Flüchtlingsrouten im Mittelmeer gewarnt: "Die zentrale Mittelmeerroute ist so stark frequentiert wie noch nie." Aus Libyen kämen "13 bis 14 Mal mehr Flüchtlinge nach Italien als Migranten aus der Türkei nach Griechenland". Die Zahl der illegalen Grenzübertritte zwischen Libyen und Italien übersteige in diesem Jahr die Zahl aller anderen illegalen Grenzübertritte in die EU, so Leggeri weiter.

Die Route werde vor allem von Flüchtlingen aus Westafrika und vom Horn von Afrika genutzt. "Aus Senegal, Gambia, Elfenbeinküste und Niger fliehen viele aus wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit. In Eritrea gibt es Verfolgung und eine brutale Diktatur, diese Menschen sind schutzbedürftig", sagte Leggeri am Montag gegenüber der Funke Mediengruppe am Dienstag.

"Müssen mit 300.000 Flüchtlingen rechnen"
"Wenn die Migrationsströme aus Westafrika in Richtung Libyen anhalten, dann müssen wir mit etwa 300.000 Flüchtlinge rechnen, die in diesem Jahr aus Westafrika in die nördlichen Maghreb-Staaten fliehen, um dann weiter nach Europa zu reisen", hatte Leggeri bereits Mitte Juni gewarnt. Unklar sei, wie viele von ihnen noch dieses Jahr die Überfahrt per Boot wagen.

Besorgt zeigte sich Leggeri darüber, dass in letzter Zeit immer mehr Flüchtlinge von Ägypten aus die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer nach Europa wagten. Ägypten entwickle sich zu einem "neuen Hotspot", sagte er am Montag. "Die Route wächst. Die Überfahrt ist hochgefährlich, die Fahrt dauert oft länger als zehn Tage."

Balkanroute nicht mehr gefragt
Im vergangenen Jahr hatten viele Flüchtlinge noch versucht, über die Türkei nach Griechenland und von dort aus weiter nach Mitteleuropa zu gelangen. Durch die Abriegelung der Balkanroute und das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei sind die Flüchtlingszahlen dort in letzter Zeit drastisch gesunken.

Leggeri lobte das Ansinnen der EU-Kommission, Flüchtlingen aus Krisenregionen mehr Möglichkeiten zur legalen Einreise in die EU zu geben. Diese Forderung sei richtig, "nicht nur zum Schutz der Migranten, sondern auch, um die Einreise von Terroristen und Kriminellen" zu verhindern. Denkbar seien etwa "humanitäre Sonderflüge aus den Flüchtlingscamps im Libanon, Türkei oder Jordanien" in Richtung EU.

Kurz: "Wir haben die Kontrolle verloren"
Eine gesamteuropäische Lösung scheint in der Flüchtlingsfrage jedoch noch in weiter Ferne zu liegen. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz hatte in der Vorwoche eingeräumt, dass das derzeitige System einer europaweiten Migrationspolitik nicht funktioniert. "Wir haben die Kontrolle verloren. Im Moment entscheiden nicht wir als EU, wer zu uns kommt, sondern die Schlepper entscheiden", sagte Kurz.

Um eine Verbesserung zu erzielen, stellte er seinen EU-Amtskollegen den österreichischen Plan gegen illegale Migration vor. Dabei bekam er nach seinen Aussagen "sehr viel Rückendeckung". Der Plan sieht vor, dass Migranten, die illegal auf Inseln oder europäisches Festland kommen, künftig nicht mehr weiterreisen können. Sie sollen in "Asyl-und Migrationszentren" in Drittstaaten etwa in Afrika zurückgeschickt werden. Diese Zentren sollen von der EU und dem Flüchtlingshochkommissariat UNHCR gemeinsam betrieben werden. Gleichzeitig sollen die Hilfe vor Ort ausgebaut und legale Wege nach Europa geschaffen werden.

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