Schengen-Reform

Grenzkontrollen “im Notfall” bis zu zwei Jahre möglich

Ausland
07.06.2012 16:42
Die EU-Innenminister haben sich am Donnerstag auf eine Reform des grenzkontrollfreien Schengen-Raums geeinigt. Sie beschlossen bei einem Treffen in Luxemburg einen Notfallmechanismus, der im Fall von außergewöhnlichen Umständen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen für bis zu zwei Jahre ermöglicht.

Die dänische EU-Ratspräsidentschaft teilte via Twitter mit, es habe eine "einstimmige Unterstützung" der EU-Innenminister für einen Kompromissvorschlag gegeben. Der Schengen-Notfallmechanismus soll demnach im Fall von "außergewöhnlichen Umständen" - etwa bei "anhaltenden ernsthaften Mängeln in Bezug auf die Kontrolle der Außengrenzen" - die Wiedereinführung von Grenzkontrollen für bis zu sechs Monate ermöglichen. 

Diese Maßnahme kann dreimal verlängert werden, was eine theoretische Dauer der Grenzkontrollen von bis zu zwei Jahren ermöglichen würde. Zuvor muss die EU-Kommission die Situation evaluieren. Erst danach könne der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit eine entsprechende Empfehlung beschließen.

Mikl-Leitner: "Grenzen zu Griechenland hochziehen"
Schon vor dem Treffen in Luxemburg hatte Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nicht ausgeschlossen, dass der neue Schengen-Notmechanismus im Fall Griechenlands zur Anwendung gelangen könnte. "Wenn die innere Sicherheit in Gefahr ist, können wir uns selbstverständlich vorstellen, dass auch hier die Grenzen hochgezogen werden."

Die Innenministerin stellte aber klar: "Derzeit sehe ich keinerlei Veranlassung dazu, weil die EU-Grenzschutzagentur Frontex einen ganz klaren Bericht vorgelegt hat, der auch ganz klar aufzeigt, dass hier Verbesserungen eintreten, dass Maßnahmen greifen." Auf die Frage, ob die Grenzen zu Griechenland bei einem Euro-Austritt des Landes hochgezogen werden müssten, sagte Mikl-Leitner: "Ich glaube, das brauchen wir derzeit nicht zu diskutieren."

Situation in Griechenland wesentlicher Grund für Reform
Ein wesentlicher Grund für die Schengen-Reform war die Flüchtlingssituation in Griechenland. Nach Angaben der EU-Kommission hat es in den letzten drei Monaten des Jahres 2011 fast 30.000 irreguläre Grenzübertritte in den Schengen-Raum gegeben. Mit rund drei Viertel aller Fälle sei die östliche Mittelmeerroute über die Türkei nach Griechenland einer der "Brennpunkte". "Hätten wir diesen Mechanismus vorher schon gehabt, würde es vielleicht die Situation, die derzeit in Griechenland besteht, nicht geben", sagte Mikl-Leitner. Die EU wolle Situationen wie derzeit an der türkisch-griechischen Grenze verhindern.

Bisherige Möglichkeiten zum Hochziehen nationaler Grenzkontrollen bleiben neben dem "Notfallmechanismus" bestehen. So können die Staaten im Fall von Terrorangriffen die Grenzen für zehn Tage schließen, diese Maßnahme kann auf zwei Monate ausgedehnt werden. Bei Großveranstaltungen wie etwa Sportevents können die Staaten für 30 Tage die Grenzkontrollen wieder einführen, dies kann auf bis zu sechs Monate verlängert werden.

Innenkommissarin Malmström "traurig"
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström zeigte sich "traurig" über den Beschluss. Dieser sei nicht im Einklang mit dem Geist von Schengen, sagte sie. Sie fürchte außerdem, dass Staaten die Möglichkeit zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen missbrauchen könnten, während dies eigentlich nur eine Sicherheitsmaßnahme sein sollte. "Wir müssen Schengen vor populistischen Bewegungen schützen", sagte sie. "Die Entscheidung, Grenzkontrollen wieder einzuführen, kann nicht von einem Land allein getroffen werden." Diesbezüglich sei der Text aber noch viel zu unklar.

"Das Letztentscheidungsrecht bleibt bei den Mitgliedstaaten, denn wir sind verantwortlich für die Sicherheit unserer Bürger", unterstrich der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich am Donnerstag. Die europäische Komponente werde schon bei Berichtsmöglichkeiten und der Evaluierung gestärkt. "Wenn Gefahr im Verzug ist, wenn es um die innere Sicherheit der Menschen geht, dann muss hier die Verantwortung bei den Innenministern liegen und letztendlich auch die Entscheidung der Mitgliedstaaten sein", betonte auch Mikl-Leitner.

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