Bonitäts-Schock

Standard & Poor’s entzieht Österreich das “AAA”-Rating

Österreich
14.01.2012 08:31
Die Ratingagentur Standard & Poor's hat Österreichs Bonität von "AAA" auf "AA+" heruntergestuft. Auch acht weitere Euro-Länder mussten Verschlechterungen hinnehmen, darunter Frankreich und Italien, das sogar zwei Stufen auf "BBB+" nachgab. Nur Deutschland wird weiter mit "AAA" samt positivem Ausblick geführt. Für Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger ist die Herabstufung unseres Landes "unverständlich". Ökonomen erwarten vorerst aber keine dramatischen Auswirkungen auf den Finanzmärkten.

Ebenso wie bei Italien ging auch die Bonität von Spanien, Portugal und Zypern um gleich zwei Stufen in den Keller. Frankreich, Malta, die Slowakei und Slowenien büßten eine Stufe ein. Neben Deutschland bewertet die Agentur nur mehr die Niederlande, Luxemburg und Finnland weiter mit der Spitzennote "AAA".

Mit Ausnahme Deutschlands und der Slowakei wurden alle EU-Staaten zudem auf negativen Ausblick gesetzt. Das dürfte es für die betroffenen Länder schwerer und teurer machen, sich frisches Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Der Druck auf ganz Europa steigt.

Erst am 6. Dezember hatte Standard & Poor's angedroht, alle sechs "AAA"-Länder der Euro-Zone herabzustufen, und gleichzeitig die Aussicht für 15 Staaten auf "negativ" gesetzt. Nach dieser Rute im Fenster ist jetzt der nächste Schritt erfolgt.

S&P ortet "sich vertiefende Probleme"
Die Abstufung Österreichs von "AAA" auf "AA+" "spiegelt Auswirkungen sich vertiefender politischer, externer und monetärer Probleme innerhalb der EU und der Euro-Zone wider, in die Österreich eng eingebunden ist" schreibt die Ratingagentur in der Begründung ihrer Entscheidung. Dass bei den meisten Ländern der Ausblick auf "negativ" gesetzt wurde, "weist darauf hin, dass für eine weitere Herabstufung des Ratings in 2012 oder 2013 eine Wahrscheinlichkeit von mindestens einem Drittel besteht".

Die Ratingagentur glaubt aufgrund des EU-Gipfels vom 9. Dezember 2011 und später getätigten Äußerungen von Politikern "dass die erzielten Vereinbarungen keinen ausreichenden Durchbruch gebracht haben, der zur Lösung der finanziellen Probleme in der Euro-Zone beitragen könnte". In der EU seien die politischen Vereinbarungen nicht stark genug, um in Bedrängnis geratene Länder zu stützen.

Faymann und Spindelegger sprechen von "Alleingang"
Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger bezeichneten die Abstufung als "unverständlich". In einer gemeinsamen Pressemitteilung sprachen sie von einem "Alleingang", verwiesen auf das Festhalten der Agenturen Moody's und Fitch am Triple-A-Rating und kritisierten die ungleiche Behandlung einzelner Mitgliedsstaaten der Euro-Zone durch S&P. Beide unterstrichen, dass intensive Gespräche über zusätzliche Haushaltskonsolidierung für die Jahre 2012 bis 2016 liefen und bis Ende Februar abgeschlossen würden.

Fekter: "Lage in Italien und Ungarn Hauptursache"
Laut Finanzministerin Maria Fekter war die wirtschaftliche Lage in Italien und Ungarn Hauptursache für die Abstufung Österreichs, wie sie am späten Freitagabend sagte. Sollte es in diesen Ländern gröbere Probleme geben, hätte das auch für Österreich Konsequenzen. Insbesondere gebe es eine Gefährdung für Österreich, sollten massive Unterstützungen für die Banken nötig werden.

Sollte mit der Bank-Austria-Mutter UniCredit in Italien "etwas sein", dann würden milliardenschwere Haftungen der Gemeinde Wien schlagend - mit entsprechender Belastung für den Staatshaushalt. Sollte die Verschuldung in Österreich über 80 Prozent steigen, drohe eine neuerliche Abstufung durch S&P.

Fekter sieht die Herabstufung als "Gelbe Karte". Österreich müsse die ohnehin geplanten Konsolidierungsmaßnahmen nun noch ernster nehmen. Sie hoffe auch, dass die Opposition nun einsehe, dass die Verankerung der Schuldenbremse in der Verankerung notwendig ist.

Nowotny: "Konsolidierung wird gestört"
Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny sagte am Freitagabend in der "ZiB 2", dass die Entscheidung von S&P die jüngst verzeichnete positive Entwicklung in der EU "stören" und die Konsolidierung erschweren könnte. Die Bedenken von S&P seien ernst zu nehmen, aber auch im Zusammenhang zu sehen, so der OeNB-Gouverneur. Schließlich seien mit Ausnahme Deutschlands praktisch alle europäischen Staaten betroffen - wenn schon nicht durch eine Herunterstufung, dann weil der Ausblick gesenkt werde.

Nowotny verwies darauf, dass die Märkte in der Regel erst dann reagieren, wenn zwei Agenturen die Bewertung verschlechtern. S&P sei "sehr viel aggressiver und sehr viel politischer" als die anderen beiden Agenturen. Der Schritt vom Freitag sei "eine politische Aktion, wenn ganz Europa auf einen Schlag heruntergestuft wird".

Rating-Note wichtiger Faktor bei Zinssatz für Staatsschulden
Die Rating-Note ist vor allem deswegen wichtig, weil sich Investoren an ihr orientieren. Bei einer guten Beurteilung geben sie den Ländern günstigere Kredite. Bei schlechten Noten werden saftige Aufschläge fällig, die den Staatshaushalt enorm belasten und die Schuldenspirale weiter anheizen.

Doch für die Euro-Rettung gibt es noch einen anderen Aspekt, der mindestens genau so wichtig ist: Von der Bonität der einzelnen Länder hängt auch das Rating der Rettungsinstrumente wie EFSF und künftig ESM ab, die Krisenstaaten mit Kredithilfen vor dem Staatsbankrott bewahren sollen. Der derzeitige Rettungsschirm EFSF hat ebenso wie das Euro-Schwergewicht Deutschland das Top-Rating "AAA".

Ökonomen erwarten keine dramatischen Auswirkungen
Trotzdem erwarten Ökonomen vorerst keine dramatischen Auswirkungen auf den Finanzmärkten. Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer rief zur Besonnenheit auf. Österreich bleibe weiter eines der wohlhabendsten Länder Europas, schon jetzt fielen höhere Zinsen als in Deutschland an, daran werde sich auch am Montag, wenn die Märkte öffnen, wenig ändern. Aus seiner Sicht liegt die Abstufung Österreichs auch an der geringen Größe des Landes. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte, die Bonitätsherabstufung irritiere zwar kurzfristig die Märkte, sei aber kein großes Problem in einer Welt, in der auch die USA und Japan nicht mehr über das Spitzenrating "AAA" verfügten. "Dreifach-A ist ohnehin eine aussterbende Spezies", so der Experte.

Drei große Agenturen auf dem Markt
Die Bewertung der Bonität wird von Ratingagenturen übernommen. Derzeit gibt es drei große Firmen am Markt. Neben Standard & Poor's sind dies Moody's und Fitch. Über kurz oder lang gleichen sich ihre Bewertungen meist aneinander an. Es ist also gut möglich, dass die beiden anderen Agenturen in Kürze ebenfalls ihr Rating senken.

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