Später in Ruhestand

Anreizsystem bei Pensionen bringt 277 Mio. € Ersparnis

Österreich
09.11.2010 11:51
Die kleine Pensionsreform im Zuge der Budgetkonsolidierung geht Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl nicht weit genug. Unverändert habe in Österreich jeder Lust, möglichst rasch in die "rettende Frühpension" zu kommen. Um das zu ändern, forciert Leitl weiter ein Anreizsystem, das Arbeiten über den frühest möglichen Pensionsantritt finanziell bezuschusst. Laut neuesten Berechnungen könnte dies eine jährliche Netto-Ersparnis von 277 Millionen Euro bringen.

Was die Regierung zuletzt vorgelegt hat, ist für den Kammerpräsidenten alles andere als befriedigend, stiegen doch die staatlichen Pensionskosten bis 2014 von acht auf zwölf Milliarden Euro. Der Zugang zur Invaliditätspension werde sogar noch erleichtert, die Hacklerregelung komme - wenngleich mit gewissen Verschlechterungen - ins Dauerrecht und die Altersteilzeit bleibe unverändert bestehen, kritisierte Leitl.

"Wer früher geht, wird belohnt"
Nichts getan werde hingegen für jene, die länger arbeiten wollen: "Wer früher geht, wird belohnt, wer später geht, wird bestraft." Dies will Leitl ändern und zwar mittels eines Anreizsystems, das er erstmals im Sommer beim Forum Alpbach präsentiert hat und dessen Auswirkungen er nun vom Pensionsexperten Bernd Marin berechnen hat lassen. Demnach wäre eine jährliche Netto-Ersparnis von 277 Millionen Euro möglich.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer zeigte sich am Dienstag allerdings skeptisch, die Zahlen würden so nicht stimmen. Dennoch sollen die Sozialpartner im Jänner über die Einführung eines Anreizsystems diskutieren. Völlig ablehnend reagierte hingegen Finanzminister Josef Pröll gegenüber dem Pensions-Anreiz-Modell. "Das kann so nicht Realität werden", sagte er am Dienstag im Ministerrats-Foyer. "Wenn überhaupt", könne man sich eine finanzielle Bezuschussung für Menschen, die länger arbeiten allenfalls für das Regelpensionsalter vorstellen.

25 Prozent "Pensions-Vorschuss" als Anreiz
Das Modell an sich ist simpel. Wer länger arbeitet, als er unbedingt müsste, bekommt 25 Prozent seiner (fiktiven) Pension zusätzlich zum Lohn ausbezahlt. Ein weiteres Viertel der Ansprüche geht als Lohnzuschuss zum Dienstgeber, um die Weiterbeschäftigung attraktiver zu gestalten, und den Rest erspart sich die Pensionsversicherung. Zusätzlicher Vorteil für den Arbeitnehmer: Durch die längere Arbeitszeit steigt auch die Pensionshöhe, wenn er den Ruhestand einmal antritt.

Um tatsächlich die anvisierte Einsparung zu erzielen, wäre es freilich notwendig, dass ein bestimmter Prozentsatz das Prämienmodell auch in Anspruch nimmt. Auszahlen würde es sich den Berechnungen zufolge, wenn 14 Prozent der Dienstnehmer bis zum gesetzlichen Pensionsalter arbeiten würden - für Marin eine durchaus realistische Annahme. Immerhin gingen schon jetzt 45 Prozent der Frühpensionisten später in Pension, als sie eigentlich müssten.

Bis zu 256 Euro monatliche Prämie für Hackler
Auch der Bonus für den Arbeitnehmer ist durchaus nicht zu unterschätzen. So könnte ein männlicher Arbeitnehmer, der auf den Antritt der Hacklerpension verzichtet, immerhin eine monatliche Prämie von 256 Euro netto einstreifen (Frauen 207), ein Dienstnehmer, der die Inanspruchnahme seiner Korridorpension (klassische Frühpension mit Antrittsalter 62 und Abschlägen) herauszögert, 223 Euro.

Einen finanziellen Polster für die Realisierung dieser Pensionsart brächte nach Darstellung Marins eine Abschaffung der Altersteilzeit, deren Antrittsalter von der Regierung nun mit 58 für Männer und 53 für Frauen eingefroren wird. Mit diesem Modell sei nämlich kein einziger Job geschaffen worden und es gehe immerhin die Hälfte des Budgets für aktive Arbeitsmarktpolitik drauf. Was noch hinzukomme, sei, dass auch 30 Prozent der späteren Hacklerpensonisten die Altersteilzeit nutzten, um auf diesem Weg in die noch abschlagsfreie Langzeitversicherten-Pension zu gelangen.

Marin: "Take the money and run"
Dass es die Hacklerregelung weiter gibt, ist für Marin ohnehin problematisch, motiviere sie Arbeitnehmer doch, möglichst rasch in den Ruhestand zu kommen. Ab kommendem Jahr wird der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten, um in die Langzeitversicherten-Pension zu kommen, deutlich teurer, weshalb jetzt natürlich alle trachteten, diese jetzt zu erwerben: "Take the money and run", laute das Motto, sei die Hacklerregelung doch noch immer "der Schlüssel zum Paradies".

Dabei müsste das Finanzministerium die Attraktivität der Langzeitversicherten-Regelung wohl selbst am besten kennen, meinte Marin. In der Finanzverwaltung profitierten nämlich je nach Aufgabenbereich zwischen 65 und 91 Prozent der Beschäftigten von der Hacklerregelung, durch die man derzeit als Frau mit 55 und als Mann mit 60 nach 40 bzw. 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in den Ruhestand kommt.

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