"Geboren" 1600

400-jährige Muschel war ältestes Tier der Welt

Wissenschaft
30.10.2007 11:34
Ein Forscherteam der britischen Bangor University hat vor der Küste Islands ein Exemplar der Island-Muschel „Arctica islandica“ gefunden, die zwischen 405 und 410 Jahre alt war. War deswegen, weil die Forscher die Muschel zuerst auseinandernehmen – also töten – mussten, bevor sich das Rekordalter des langlebigsten Tieres, das je auf diesem Planeten gefunden wurde, herausstellte.

Die Muschel ist deutlich älter als jenes Exemplar, das von US-Forschern 1982 vor der amerikanischen Küste geborgen wurde. Unter Wissenschaftlern ist bekannt, dass diese Spezies zu den ältesten Tierarten der Welt gehört. Der US-Fund war mit einem Alter von 220 Jahren als langlebigstes Tier im Guinness-Buch-der-Rekorde eingetragen.

Die Forscher um Paul Butler und James Scourse hatten die alte Muschel im Zuge der Datensammlung des EU-Millennium-Projekts, das die Klimabedingungen der vergangenen 1.000 Jahre untersucht, 2006 gefunden. Die Forscher haben der Muschel den Spitznamen "Ming" - nach der chinesischen Ming-Dynastie - gegeben. Was die Wissenschaftler an der Muschel interessiert, sind vor allem die Fragen nach dem Geheimnis des langen Lebens.

„Dass Arctica-Exemplare sehr alt werden können, wissen wir seit längerem“, so Thomas Brey vom Institut für Marine Ökologie am Alfred Wegener Institut AWI. „Einerseits sind es die Geheimnisse des Altwerdens, die die Forscher lüften wollen, andererseits spiegeln die Muscheln in ihren Schalen klimatische Veränderungen wider", so der Wissenschaftler weiter. „Wir wissen, dass es bei Arctica etwas Außergewöhnliches im Metabolismus gibt. Die Tiere scheinen einen Schutzmechanismus zu haben und können sich selbst abschalten“, erklärt der Experte. Dieses Geheimnis sei auch für die Humanmedizin von Interesse. „Arctica-Exemplare werden offensichtlich in den kälteren Gewässern um Island besonders alt. Jene Tiere, die in südlicheren Gewässern lebten, erreichen kein so hohes Alter.“

„Jeder biogen erzeugte Kalk erzählt außerdem eine sehr interessante Geschichte“, erklärt Brey. Das jährliche Wachstum, also der Teil des Tieres, der in einem Jahr dazuwächst, gibt Aufschluss darüber, wie das Jahr im Meer war. „Wenn man in das Karbonat hineinschaut, zeigen sich über stabile Sauerstoff-Isotope auch biochemische Spuren. Das bedeutet, dass eine Muschelschale wie ein aufgezeichnetes Thermometer wirkt“, so der Wissenschaftler. In den Muschelschalen könne man aber auch noch andere chemische Elemente entdecken. „Da finden sich zum Beispiel Spuren über menschliche Aktivitäten wie etwa dem Beginn des industriellen Zeitalters und damit einhergehend der Umweltverschmutzung“, erklärt der Wissenschaftler. „Die Muschelschale wird so zu einem Klimaarchiv, der wie ein Bio-Rekorder alle Veränderungen aufzeichnet.“

Leider mussten die britischen Forscher die Muschel zuerst töten, um herauszufinden, wie alt sie wirklich war. Wer weiß, wie lange sie noch gelebt hätte…

(pte/red)

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