Katias Kolumne

Liebe SPÖ: Dagegensein als Programm reicht nicht!

Österreich
06.12.2017 11:55

Endspurt: Geht es nach dem Wahlsieger Sebastian Kurz, sollen die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ noch vor Weihnachten abgeschlossen sein und Österreich mit der Angelobung einer neuen Regierung beschert werden. Die wesentlichen Themenkreise Bildung, Sicherheit und Zuwanderung, Infrastruktur und Umwelt sowie Steuern und Gesundheit sind bereits in trockenen Tüchern, Gesprächsbedarf gibt es noch bei den Knackpunktthemen generelles Rauchverbot, direkte Demokratie und Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern. Vollkommen offen sind noch die finalen Brocken Budget und Postenbesetzung.

Zwischenzeitlich bringt sich die Opposition bereits in Stellung. Während die Liste Pilz noch mit den Nachwehen rund um den Skandal ihres derzeit zwangsurlaubenden Parteichefs zu kämpfen hat und Matthias Strolz, der selbst ernannte "pinke Stachel" von den NEOS, laut darüber nachdenkt, bei welchen Themen er die begehrte Zweidrittelmehrheit bieten will, gibt es vor allem eine Partei, der man derzeit scheinbar so gar nichts rechtmachen kann. Bereits knapp eineinhalb Monate nach der Nationalratswahl sieht die SPÖ in ihren Kassandra-Rufen das gesamte Land vor dem absoluten Abgrund stehen - freilich nur deshalb, weil sie dieses Mal selbst nicht am Verhandlungstisch sitzen darf.

Dagegensein als Programm
Das geplante Bildungspaket der potenziellen Koalitionspartner sei "inhaltsleer" und ein Schritt "zurück in die Vergangenheit". Würde man die Abschaffung der Lieblingsförderungen von Parteichef Christian Kern namens Beschäftigungsbonus und Aktion 20.000 auch nur andenken, wäre dies eine "wirtschaftspolitische Irrfahrt" und eine "Riesensauerei". Die sinnvolle Zusammenlegung von zwei Dutzend Sozialversicherungsträgern wird pathetisch als "Zerschlagung" betitelt, und obwohl das Budget erst dieser Tage verhandelt wird, wittert man jetzt schon mit gewissem Hang zur Dramatik "Kürzungen nach der Rasenmähermethode".

Die Erwartungen an die potenzielle neue Regierung seien bei Noch-Kanzler Kern aber ganz grundsätzlich nicht sehr groß, wenn - wie er selbst süffisant zusammenfasst - "Burschenschafter mit Skirennläufern" gemeinsam verhandeln.

Harmonie zahlt sich aus
Ob diese Strategie der vorsorglichen Schnappatmung nach "Worum geht's? Ich bin dagegen"-Manier angebracht und sinnvoll ist, darf bezweifelt werden, zumal die SPÖ genügend interne Themen mit Klärungsbedarf hätte. So ist, um nur ein Beispiel zu nennen, nach mehr als zwei Monaten der interimistischen Führung durch Christoph Matznetter noch immer kein neuer Bundesgeschäftsführer in Sicht.

Die jüngste im "Kurier" veröffentlichte OGM-Umfrage zeigt jedenfalls, dass sich der viel zitierte "neue Stil" auszahlt: Laut Studienleiter Wolfgang Bachmayer ist "das harmonische Klima zwischen Türkis-Blau" sogar ein Grund dafür, dass selbst im traditionell roten Wien ÖVP und FPÖ derzeit in Umfragen führen.

Nach jahrelangen Zwistigkeiten ist das Bedürfnis nach sachlich-konstruktiver politischer Arbeit offenbar groß. Will die traditionsreiche Systempartei SPÖ nicht zur chaotisch-wehleidigen Suderanten-Partei im Dauerwahlkampfmodus abgleiten, muss sie sich auch in der Oppositionsrolle konstruktiv - mit klaren Inhalten, Ideen, Konzepten und Lösungen - einbringen. Mit Christian Kern als Oppositionsführer, der prinzipiell ja auch die dazu notwendige Fähigkeit hat, den Staatsmann zu geben, könnte das durchaus gelingen.

Katia Wagner

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