ORF als Nutznießer

Radiotest manipuliert: Bis zu 20 Mio. Euro Schaden

Medien
29.04.2016 12:42

Die Radiotest-Manipulationen durch das Marktforschungsinstitut GfK könnten in den vergangenen fünf Jahren einen finanziellen Schaden von bis zu 20 Millionen Euro verursacht haben. Das sind die ersten Ergebnisse einer derzeit laufenden Überprüfung. Nutznießer der Datenverfälschungen war offenbar der ORF.

"Es gibt jeden Tag mehr Erkenntnisse, und es steht inzwischen fest, dass die kommerziellen Radio-Angebote des ORF, insbesondere Ö3, aber auch die Regionalradios österreichweit hinaufgeschrieben wurden", berichtete Ernst Swoboda, Geschäftsführer von Kronehit und seit dieser Woche auch Vorsitzender des Verbands der Privatsender. "Die ORF-Sender wurden mit höheren Werten ausgewiesen, die Privaten dafür mit niedrigeren", erklärte Swoboda.

So wies die GfK im ersten Halbjahr 2015 in der werberelevanten Zielgruppe (14 bis 49 Jahre) für Ö3 41 Prozent Marktanteil aus, tatsächlich waren es nun nach Prüfung der manipulierten Daten nur 38 Prozent. Für den ORF insgesamt wurden 64 Prozent ausgewiesen, der wahre Wert lag bei 60 Prozent. Der private Vermarktungsring RMS Top wurde im Gegenzug mit 33 statt der tatsächlichen 36 Prozent Marktanteil ausgewiesen.

In einzelnen Bundesländern waren die Manipulationen durch die GfK offenbar noch gravierender. In der Steiermark wurde die Antenne Steiermark von 31 auf 24 Prozent Marktanteil runtergestuft, in Vorarlberg die Plätze von Antenne Vorarlberg und Ö3 einfach umgedreht.

Steiermark und Vorarlberg besonders betroffen
"Steiermark und Vorarlberg sind die zwei schlimmsten Bundesländer, wo die führenden Regionalsender massiv runtergeschrieben worden sind und dafür die ORF-Sender massiv in die Höhe", so Swoboda. "In der Steiermark wären Ö3 und Antenne Kopf an Kopf gewesen, ausgewiesen wurde Ö3 mit Riesenvorsprung. In Vorarlberg war die Antenne weit vor Ö3, im Ausweis war es genau umgekehrt. Das sind die Daten 2015, und wir haben die Information, dass es 2014 und die Jahre davor für die Privaten schlimmer war", so der Kronehit-Chef.

Das Werbevolumen auf dem österreichischen Radiomarkt beträgt etwa 100 Millionen Euro. Ein Prozent Marktanteil macht demnach eine Million aus. Allein 2015 könnten demnach drei bis vier Millionen beim ORF statt bei den Privatsendern gelandet sein. Nach bisherigen Infos sollen die Manipulationen zumindest bis ins Jahr 2011 zurückreichen. Swoboda: "Ich schätze das Volumen wird irgendwo bei 15 bis 20 Millionen sein, um das die Privatsender geschnalzen worden sind, und die der ORF zu viel bekommen hat."

Motive für Manipulation weiter unklar
Die Motive für die Manipulationen sind nach wie vor unklar. "Bei dieser Dimension fehlt mir momentan jede Erklärung. Klar ist, das ist bis in die Führungsspitze der GfK Österreich bekannt gewesen. Das ging über viele Jahre, ganz systematisch. Es gibt bis dato keinen objektivierbaren Anhaltspunkt, dass der ORF was davon gewusst hätte", so der VÖP-Vorsitzende. Swoboda vermutet, dass die GfK dem ORF einfach Gutes tun wollte, weil es von dort immer wieder Aufträge für Erhebungen gab.

Auch ORF könnte zur Kasse gebeten werden
Die heimischen Privatsender wollen nun jedenfalls die eigentlich ihnen zustehenden Werbegelder für die nicht ausgewiesenen Marktanteile zurück haben. "Wir werden selbstverständlich Schadenersatz fordern. Primär von der GfK, aber ich lasse auch gerade prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, sich das direkt vom ORF zu holen. Der ORF hat unsere privaten Kontakte, Leistungen verkauft und daher hätten wir gerne, was er als Kaufpreis dafür bekommen hat. Das ist ein ganz simpler zivilrechtlicher Zugang", so Swoboda.

In der Juristensprache ist von einem ungerechtfertigten Verwendungsanspruch durch den ORF die Rede. Dieser gilt unabhängig von der Schuldfrage. "Darüber werden wir mit dem ORF reden müssen und vielleicht nicht nur reden", meinte Swoboda.

Gfk: "Kein Sender bewusst benachteiligt"
Die GfK weist den Vorwurfen der bewussten Benachteiligung einzelner Sender zurück: "Die bisherigen Untersuchungen seitens GfK haben ergeben, dass weder eine grundsätzliche Bevorzugung noch grundsätzliche Benachteiligung spezifischer Sender bewusst vorgenommen worden ist", erklärten die Marktforscher in einer Aussendung. "Es ergaben sich außerdem keinerlei Anhaltspunkte für irgendeine Form der Einflussnahme auf die Studienergebnisse durch den ORF oder die privaten Sender." Entsprechende Spekulationen und Anschuldigungen seien für eine sachorientierte Aufklärung nicht hilfreich.

Die GfK wies auch Swobodas "unseriöse Schadensabschätzungen" zurück und kündigte an, angesichts seiner öffentlichen Stellungnahmen rechtliche Schritte zu prüfen.

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