„Riskieren ihr Leben“

Wer schützt unsere Polizisten im Dienst?

Österreich
03.05.2018 17:04

Attackiert, bespuckt und angepöbelt werden Polizisten beinahe jeden Tag. Die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft steigt. Das spürt man als Erstes auf den Wachstuben.

Die jüngsten Fälle: Zwei afghanische Dealer zertrümmern einem Polizisten bei der Festnahme in Wien das Nasenbein. Oder ein Beamter in Tirol, der sich gegen einen Angreifer nur knapp mittels Pfefferspray wehren kann. Der Ton wird rauer auf den heimischen Straßen. Was hinter vorgehaltener Hand schon längst nichts Unbekanntes mehr ist, kann aus der Verletztenstatistik des Innenministeriums (siehe Grafik) schlussgefolgert werden.

„Es gibt keinen Respekt mehr vor Beamten“
Denn trotz der besseren Ausrüstung mit Schutzwesten, Helmen und Sturmgewehren werden die Polizisten den gewaltbereiten Bürgern und Neuankömmlingen immer weniger Herr: „Es gibt de facto keinen Respekt mehr vor den Beamten. Wir sind für viele die erste Anlaufstelle, um Aggressionen und Gefühle abzulassen“, erklärt ein erfahrener Beamter.

Binnen Augenblicken kann ein harmlos wirkender Mensch zum Feindbild werden und mit Schlägen, Tritten oder sogar Waffen auf die Exekutive losgehen. Die einzige Vorbereitung liegt hier in Training und Ausbildung. „Wir werden auf die Welt da draußen ordentlich vorbereitet, doch wir sind uns bewusst, dass wir nicht die Liebkinder sind“, so ein junger Kollege aus Niederösterreich.

Kickl: „Einsatzkräfte riskieren tagtäglich ihr Leben“
Denn nicht nur die Zahl der Ausschreitungen in der Stadt steigt stark an. Auch in ländlichen Regionen, wie zuletzt in Tirol, mutieren die Polizisten zur Zielscheibe von Attacken. Gegen die feigen Angriffe auf Beamte stellt sich nun Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Er verspricht Konsequenzen: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass Angriffe auf Polizisten härter bestraft werden. Denn die Einsatzkräfte riskieren tagtäglich ihr Leben.“

Ein weiteres Problem dürfte auch im Strafgesetzbuch liegen. Zwar schützen die Gesetze vor unfairer Polizeigewalt, doch die Beamten werden eingeschüchtert. „Wenn Kollegen verurteilt werden, weil sie einen Messermann anschießen, dann läuft was falsch“, so ein Beamter. Hier braucht es wohl eindeutig mehr Rückendeckung für unsere Polizisten.

Gewerkschafter: „Kommen schnell in Teufels Küche“
Die „Krone“ sprach mit Reinhard Zimmermann, dem Chef der Polizeigewerkschaft.

„Krone“: Herr Zimmermann, wie geht es Ihnen mit den aktuellen Zahlen von verletzten Kollegen?
Reinhard Zimmermann: Es betrübt mich, zu sehen, welche Entwicklungen gerade vor sich gehen. Jeder verwundete Kamerad ist einer zu viel.

Warum nehmen die Attacken weiter zu?
Das Gesellschaftsbild verändert sich. Wir spüren einen starken Anstieg der Gewaltbereitschaft. Den Polizisten wird kein Respekt mehr entgegengebracht.

Wie könnte man darauf seitens Gesellschaft und Politik richtig reagieren?
Das Zauberwort heißt Deeskalation. Wir sehen das bei der Erprobung der Bodycams. Oftmals hat deren Einsatz schon beruhigende Wirkung.

Und gegen gewalttätige Gruppen oder die rabiaten Einzeltäter?
Wir kommen bei schwierigen Verhaftungen schnell in Teufels Küche. Beamte fassen ein härteres Strafmaß als Angreifer aus. Da passiert seitens der Justiz oftmals eine Umkehr von Täter und Opfer.

Was wäre Ihr dringlichster Wunsch an die Richter des Landes?
Das Strafmaß für Angreifer muss nicht nur erhöht, sondern auch ausgeschöpft werden. Unsere Polizisten sind kein Freiwild und müssen sich auch im Ernstfall verteidigen dürfen.

Josef Poyer, Harold Pearson/Kronen Zeitung

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