Kurz kontert Merkel:

„Solidarität mehr als nur Flüchtlingsaufnahme“

Österreich
23.02.2018 16:15

Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich zurückhaltend zum Vorschlag seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel geäußert, die Verteilung von EU-Geldern mit der Aufnahme von Flüchtlingen zu verknüpfen. Bedingungen für EU-Hilfen könne er "grundsätzlich nachvollziehen", sagte Kurz am Freitag beim EU-Sondergipfel in Brüssel. "Ich würde nur bitten, da nicht nur ständig auf Flüchtlinge zu fokussieren. Denn Solidarität ist weit mehr als nur die Aufnahme von Flüchtlingen." In der Migrationspolitik müsse es "unser Ziel sein, die Menschen an der Außengrenze zu stoppen und nicht ständig die Verteilung zu diskutieren", so der ÖVP-Politiker.

Kurz bekräftigte, dass man von Nettozahlern wie Österreich nicht einfach mehr Geld verlangen könne. Nötig sei "eine EU, die versucht, schlanker zu werden". Zwar sei man bereit, für neue Aufgaben auch Geld zur Verfügung zu stellen - gleichzeitig müsse man aber an anderen Stellen sparen.

Durch Merkel-Vorschlag steigt Druck auf osteuropäische Staaten
Merkel hatte am Donnerstag vorgeschlagen, bei der Verteilung von EU-Geldern auch das Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu berücksichtigen. Dies könnte zulasten osteuropäischer Staaten wie Polen und Ungarn gehen, die die Teilnahme an EU-Programmen zur Umverteilung von Flüchtlingen ("Relocation"), die in EU-Staaten wie Italien und Griechenland ankommen und sich dort aufhalten, bisher verweigern. Bei dem Sondergipfel wollen die EU-Staats- und Regierungschefs erstmals den Haushaltsrahmen für die Jahre ab 2020 erörtern. Die Debatte gilt als besonders schwierig, weil nach dem Brexit Großbritannien als Nettozahler wegfällt. Deshalb fehlen jährlich zwölf bis 14 Milliarden Euro.

Luxemburgs Premier skeptisch: "Bürger werden bestraft"
Die Forderung Merkels, EU-Gelder künftig an die Flüchtlingsaufnahme zu knüpfen, stieß beim EU-Gipfel auf ein geteiltes Echo. Neben Österreich zeigten sich auch Litauen und Luxemburg wenig von dem Vorschlag begeistert. Polen lehnte die Idee vehement ab. Die EU-Mittel aus den Strukturfonds seien laut EU-Vertrag für die Angleichung der Lebensverhältnisse in der Union bestimmt, sagte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite, "und nicht für irgendetwas anderes". Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel sagte beim Gipfel: "Wer wird nachher bestraft? Nicht die Regierungen, aber die Bürger." Am Ende würden Bauern oder Studenten dafür bestraft, dass ihre Regierung sich nicht an Abmachungen gehalten habe.

Der dänische Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen zeigte hingegen Verständnis für Merkels Vorschlag: "Es ist offensichtlich, dass wir Bedingungen brauchen. Als EU-Mitglied ist man volles Mitglied, mit Rechten und Pflichten." Auch EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, ein Italiener, sprach von einer "guten Idee". 

Juncker mahnt: "Keine neue Spaltung in Europa"
"Ich wünsche mir keine neue Spaltung in Europa, davon haben wir genug", mahnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Schon jetzt sei er "sehr besorgt, dass es diesen Graben zwischen Ost und West gibt". Er verwies gleichzeitig darauf, dass die EU-Kommission die Frage der Konditionalität bei EU-Mitteln derzeit noch prüfe. Darüber müsse nun auch beim Gipfel "in der großen Runde" gesprochen werden, so Juncker.

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