"Solche Daten sind nicht verwunderlich, spiegeln sie doch die dramatische Entwicklung auf der ganzen Welt wider", meint Christine Gstöttner von der Organisation Sharkproject. "Generell ist das Mittelmeer ein stark befischtes Gebiet. Vertreter der immerhin über 40 heimischen Haiarten trifft man nur selten an." Die US-Forscher stellten bei ihren Recherchen überdies fest, dass der Haifang nicht nur enorme Ausmaße erreicht hat, sondern dass vor allem junge und noch nicht geschlechtsreife Tiere gefangen wurden.
Mittelmeerhaie besonders klein
Im weltweiten Vergleich hätten die im Mittelmeer gefangenen Haie die geringste Größe aufgewiesen, im zeitlichen Verlauf seien Maße und Gewicht zudem stark rückläufig gewesen, so Ferretti. Dabei sind gerade die Haie sehr empfindlich gegen Überfischung, da sie in der Regel nur langsam wachsen, spät geschlechtsreif werden und nur wenige Junge bekommen, sodass sich der Bestand nur langsam wieder erholen kann.
Haie als Schlüsselelement der Nahrungspyramide
Sollte tatsächlich ein rapider Artenschwund einsetzen - immerhin gilt laut der Naturschutzorganisation IUCN rund die Hälfte aller Haiarten als vom Aussterben bedroht - wären die Folgen für Meere und Menschen durchaus beunruhigend. "Haie tragen als Schlüsselelement der Nahrungspyramide in den Meeren zur Biodiversität bei. Sie regulieren als Topräuber das gesamte Nahrungsnetz in den Ozeanen", betont Gstöttner. Mit dem Verschwinden der Meeresräuber könnte das ganze, ohnehin schon durch Verschmutzung und Kohlendioxid belastete Ökosystem ins Ungleichgewicht geraten. "Haie sind also im Gegensatz zur landläufigen Meinung keine monströsen Killer, sondern leisten einen wichtigen Beitrag für die ökologische Balance."
Wenig Schutzmaßnahmen
Internationale Schutzmaßnahmen zu treffen, sei allerdings ein langwieriges und schwieriges Unterfangen. "Die internationalen Gewässer sind nicht reguliert. Nur für drei der insgesamt 500 Arten besteht ein Fang- und Handelsverbot", so Gstöttner. So bleibe für den industriellen Haifang noch immer genug Raum "sich auszutoben". Zudem sei zwar die Möglichkeit gegeben, eine 200-Meilen-Schutzzone an den Küsten einzurichten. Hier stelle sich aber die Frage, inwiefern es möglich ist, solche Areale zu kontrollieren, bzw. ob der Wille dazu überhaupt gegeben ist. Auch im Mittelmeer habe sich die Überwachung der Fischereien aufgrund der großen Anzahl von angrenzenden Ländern und der kleinen und lokalen Fischereibetriebe als schwierig erwiesen, berichtet Ferretti. Kommerzielle Fanggrenzen bestünden derzeit nicht.
(pte)
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