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09.11.2025

Gesund & Vital

Wenn Perfektionismus lähmt

In unserer Leistungsgesellschaft wollen viele eines sein: perfekt! Von klein auf wurde das gelehrt. Doch was, wenn diese Eigenschaft ausartet und uns eigentlich krank macht?

Foto: Lalida-stock.adobe.com

Das Streben nach Perfektion ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Viele haben schon früh die Erfahrung gemacht, dass, nur wer leistet und sich weiterbildet, auch wertvoll ist. „Perfektionismus ist nicht nur ein hoher Anspruch, sondern ein überhöhter, der mit starkem Druck und Ängsten einhergeht“, konkretisiert Psychologe und Influencer Alexander Tiesenhausen. 

„Dahinter steckt ständige Selbstbewertung. Man versucht, gut genug zu sein, indem man perfekt ist und keine Fehler macht. Im Gegensatz zum Optimierungswahn, der ein ungesundes Streben nach Effizienz nach sich zieht, geht Perfektionismus in die Vermeidung von Fehlern. Man macht nichts aus Freude, sondern aus Angst, nicht perfekt zu sein.“

Zu Alexander Tiesenhausen kommen immer wieder Menschen mit Drang zur Perfektion. Foto: Alexander Tiesenhausen
Zu Alexander Tiesenhausen kommen immer wieder Menschen mit Drang zur Perfektion. Foto: Alexander Tiesenhausen

Oft sind es junge, motivierte, top ausgebildete Personen, welche in seiner Praxis aufschlagen, die - obwohl top gebildet und mit immer Top-Noten - stets das Gefühl begleitet, nicht gut genug zu sein. Sie wollen 100 Prozent geben, alles darunter gilt als Versagen.

Wann sollte man sich tatsächlich Hilfe holen? Alexander Tiesenhausen: „Wenn ich ständig das Gefühl habe, nicht gut genug zu sein, Angst vor Fehlern habe und mir ständig den Kopf zerbreche, etwas falsch zu machen oder kritisiert zu werden. Und wenn ich dadurch in Vermeidung komme, um erst gar nicht in die Situation zu geraten, ist es Zeit für professionelle Unterstützung.“ Im schlimmsten Fall kann das Problem zu Schlafstörungen und sogar depressiven Zuständen ausarten.

„Fehler und Unvollkommenheit sind Teil des Menschseins“

Doch wie schafft man es, diesem Negativ-Kreislauf zu entkommen? „Viele haben so unrealistische Vorstellungen, sodass im Vorhinein klar ist, dass ihr Ziel gar nicht erreicht werden kann. Sie müssen ihren Fokus komplett verändern und lernen, zu akzeptieren, dass Fehler und Unvollkommenheit Teil des Menschseins sind. Man muss sich selbst erlauben, etwas nicht perfekt zu machen.“ 

Wie das geht? Zum Beispiel mittels Paradigmenwechsel. Was würde ich einem Freund in dieser Situation raten? Hilfreich ist auch, den Fokus auf Achtsamkeit und Entschleunigung zu legen, bewusst Pausen zu machen und einfach nur einmal spazieren gehen - ohne Drang, in bestimmter Zeit eine gewisse Distanz zurücklegen zu müssen. 

Yoga, Qigong und Entspannungstechniken unterstützen ebenso, genauso wie Zeit in der Natur und mit Tieren. Den Fokus auf Stärken legen und überlegen, was man eigentlich Gutes geschafft hat. Eventuell legt man ein Erfolgs- oder Dankbarkeits-Tagebuch an. Wichtig ist jedenfalls, sich auszutauschen und sich nicht zurückzuziehen. Monika König-Krisper