Machtwechsel
Boris Johnson neuer Bürgermeister Londons
Nachdem Johnson im Wahlkampf mit dem Clown-Image kokettiert hatte, zeigte er in seiner ersten Rede als frischgekürter Bürgermeister politische Statur - und Humor. Den Verlierer Ken Livingstone lud er zu einem Drink ein, "den wir uns wirklich verdient haben". Nach einem Wahlkampf, der reich war an Beleidigungen, sagte Johnson, die Londoner verdankten Livingstone viel, auch wenn dieser nun denken möge, "dass sie eine komische Art haben, dies zu zeigen".
Der Neue im Rathaus
Selten hat ein Wahlkampf derart polarisiert wie der zwischen dem "roten Ken", der die Stadt acht Jahre regierte, und dem konservativen Johnson. Dass der Neue im Rathaus gegenüber vom Tower die Unkenrufe gegen ihn nicht überhört hat, machte er nun mit einem Versprechen an alle Londoner deutlich: "Ich werde hart daran arbeiten, Ihr Vertrauen zu verdienen und die Gerüchte über mich zu zerstreuen."
Und er zeigte Sinn für die Realitäten in der britischen Metropole: "Nicht für eine Minute glaube ich, dass diese Wahl aus London eine konservative Stadt gemacht hat", sagte er zur Beruhigung aller liberal eingestellten Hauptstädter. "Aber sie hat gezeigt, dass die Konservativen sich zu einer Partei entwickelt haben, der man die großartigste, herzlichste, am meisten kosmopolitische und multi-ethnische Stadt auf der Erde anvertrauen kann."
Livingstone zeigte Amtsmüdigkeit
Dass der 43-jährige Johnson gegen den altgedienten Labour-Linken Livingstone bestehen konnte, verdankt er wohl zu einem nicht geringen Teil seinem politischen Gegner. Der 62-jährige hatte in den vergangenen Wochen neben seiner berühmt-berüchtigten Arroganz vor allem Amtsmüdigkeit demonstriert.
Johnson hingegen wirkte mit seinem zerzausten Blondschopf, an dem man ihn selbst von hinten leicht erkennt, und mit seinem aufgeregten Blick stets energiegeladen und von sich überzeugt. Dass er die Kriminalität in London besser bekämpfen kann, nahmen ihm die Wähler ab. Gut fanden sie offenkundig auch, dass Johnson die alten Routemaster-Doppelstockbusse wieder einführen und die von Livingstone eingekauften einstöckigen Gelenkbusse aus dem Hause Mercedes abschaffen will. Zudem versprach Johnson, die beschlossene Erhöhung der Innenstadtmaut für hochmotorisierte Luxusautos auf Eis zu legen.
Lockerer Stil überzeugte Londoner
Vor allem aber kommt der lockere Stil des in New York geborenen Alexander Boris de Pfeffel Johnson bei vielen gut an. In London konnten Politiker halt schon immer mit einer Spur von Ausgefallenheit punkten. Davon bot Johnson reichliche Kostproben. Zu den Skandalen seiner Laufbahn gehörte, dass er als Chefredakteur des konservativen Wochenmagazins "The Spectator" einen Kommentar verteidigte, der viele empörte. Darin war der Bevölkerung Liverpools vorgeworfen worden, "im Opfergram zu waten", nachdem ihr Mitbürger Ken Bigley im Irak von Terroristen als Geisel genommen und grausam ermordet worden war.
Johnson übte sich im politischen Spießrutenlaufen und entschuldigte sich bei den Einwohnern der Hafenmetropole. Um Verzeihung bat er auch die Bürger von Papua-Neuguinea, das er mit "Kannibalismus und Häuptlingstötung" in Verbindung gebracht hatte. Schlagzeilen machten zudem außereheliche Affären des Absolventen von Elite-Bildungseinrichtungen wie der Europa-Schule in Brüssel, des Eton College und der Oxford-Uni, wo er Geschichte studierte.
Ära des "neuen Boris" hat begonnen
Für spätere laute und rüpelhafte Auftritte als Tory-Abgeordneter dürfte der Sohn des konservativen Politikers und Ex-Weltbankangestellten Stanley Johnson und der Malerin Charlotte Wahl im Bullingdon Club reichlich geübt haben, einer für rauschende Feste berühmten Studentenvereinigung. Doch das, so erklärte Johnson am Samstag, gehöre alles "in die Zeiten des alten Boris". Jetzt habe die Ära "des neuen Boris" begonnen. Und da gehe es vor allem darum, "den Steuerzahlern in allen 32 Londoner Bezirken das zu geben, was sie für ihr Geld erwarten können".
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