Dialog gefordert

Referendum: 92 Prozent stimmten für Kurdenstaat

Ausland
27.09.2017 16:55

Die Kurden im Nordirak haben sich mit überwältigender Mehrheit für eine Unabhängigkeit ausgesprochen. In dem umstrittenen Referendum Anfang der Woche stimmten 92,7 Prozent der Wähler für eine Abspaltung vom Irak, wie die Wahlkommission in Erbil am Mittwoch erklärte. Noch vor der offiziellen Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses hatte der Präsident der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak den Sieg verkündet. In einer Fernsehansprache rief Massoud Barzani die irakische Führung zum Dialog und zu Verhandlungen auf.

Barzani forderte die Zentralregierung in Bagdad und die Nachbarländer auf, den Willen des kurdischen Volkes zu respektieren. "Wir sind in eine neue Phase eingetreten", zitierte die kurdische Nachrichtenseite Rudaw den Kurdenpräsidenten.

Bagdad droht mit Sperre des Luftraums
Den Appell Barzanis an den irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi, jetzt in Verhandlungen mit den Kurden einzutreten, beantwortete Bagdad seinerseits mit einer ultimativen Drohung: Abadi forderte die Kurden auf, binnen drei Tagen die Kontrolle der Flughäfen im Norden des Landes an die Zentralregierung zu übergeben. Sollte dies bis Freitag nicht geschehen, werde man den Luftraum sperren und keine Flüge mehr aus oder in den Nordirak zulassen.

Erste Airlines stoppen Flüge nach Erbil
Die Forderung wurde auf kurdischer Seite abgelehnt. Die Flughäfen in Erbil und der Stadt Sulaimaniya seien "Besitz Kurdistans", der Betrieb gehe weiter, erklärte der kurdische Transportminister Maulud Bawa Murad am Mittwoch. Einzelne Fluggesellschaften haben mittlerweile tatsächlich ihre Verbindungen in die kurdischen Autonomiegebiete eingestellt - darunter die Egypt Air und die libanesische MEA. Die Lufthansa und ihre Tochter AUA erklärten allerdings, sie wollten trotz der irakischen Aufforderung weiter den Flughafen der kurdischen Stadt Erbil anfliegen. Auch Turkish Airlines teilte mit, die Flüge gingen weiter, da keine offizielle Mitteilung aus dem Irak eingetroffen sei.

Trotz internationaler Kritik und Warnungen hatte die kurdische Autonomieregierung die Bürger am Montag abstimmen lassen. Die irakische Zentralregierung hält das Referendum für verfassungswidrig. Auch die Türkei und der Iran sind strikt gegen einen unabhängigen Kurdenstaat.

Militärmanöver bei Grenzübergang
Bereits kurz nach der Abstimmung hatten die türkische und die irakische Armee ein gemeinsames Militärmanöver begonnen. Die Übung findet in der Gegend des Grenzübergangs Habur statt, dem Übergang zwischen der Türkei und der Kurdenregion im Nordirak. Die türkische Armee hatte das Manöver bereits eine Woche zuvor begonnen.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete das Kurden-Referendum als "Verrat" an seinem Land. Obwohl die Beziehungen zwischen der kurdischen Regionalregierung in Erbil und der Türkei bisher gut gewesen seien, habe Barzani die Türkei vor dem Referendum nicht um Rat gefragt, kritisierte Erdogan am Dienstag in Ankara.

Türkei lehnt Kurdenstaat entschieden ab
Die Türkei unterhält zwar neben politischen auch enge wirtschaftliche Beziehungen zur Kurdenregion im Nordirak. Einen eigenen Kurdenstaat lehnt Ankara aber ab, weil er Unabhängigkeitsbestrebungen der kurdischen Minderheit in der Türkei befeuern würde.

Auch Russland äußerte sich nach der Durchführung des Referendums skeptisch. Die Wahrung der territorialen und politischen Einheit des Irak sei extrem wichtig für die Stabilität und Sicherheit in der Region, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

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