Parlament am Zug

Verfassungsreform soll Erdogan mehr Macht bringen

Ausland
10.12.2016 16:16

Der Entwurf für die Änderung der türkischen Verfassung zur Einführung eines Präsidialsystems ist am Samstag ins Parlament in Ankara eingebracht worden. Das berichteten der staatliche Fernsehsender TRT sowie die Nachrichtenagentur Anadolu. Mit dem Gesetz will Präsident Recep Tayyip Erdogan laut Kritikern seine Machtbefugnisse massiv ausweiten.

Die von Erdogan mitbegründete Regierungspartei Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) habe die Vorlage für die Verfassungsänderung dem Parlamentspräsidium übermittelt, meldete Anadolu. Mit ihr soll ein Präsidialsystem wie in Frankreich oder den USA eingeführt werden. Allerdings kommt die AKP selbst mit ihren Verbündeten im Parlament nicht auf die nötige Zweidrittelmehrheit, um die Reform direkt zu verabschieden.

Bevölkerung skeptisch, Widerstand der Opposition
Trotz des Widerstands der Opposition und der Skepsis großer Teile der Bevölkerung verfolgt Erdogan seine Pläne zur Einführung des Präsidialsystems mit großer Beharrlichkeit, seitdem er im August 2014 als erster Präsident der Türkei in direkter Wahl an die Staatsspitze gewählt wurde. Kern der nun geplanten Verfassungsänderung soll die Übertragung eines Großteils der derzeit beim Regierungschef liegenden Befugnisse auf den Staatschef sein.

Die Pläne spalten jedoch das Land, das ohnehin bereits seit der Niederschlagung der Proteste im Istanbuler Gezi-Park im Juni 2013 polarisiert war. Hinzu kamen Korruptionsvorwürfe gegen führende Politiker und Geschäftsleute aus dem Umfeld Erdogans Ende 2013. Hatten ihm bis dahin auch seine Gegner zugute gehalten, das Land vom Rande des Ruins in der Finanzkrise 2001 zu beispiellosem Wachstum geführt und zu einem bedeutenden politischen Akteur in der Region gemacht zu haben, mehrte sich nun die Kritik.

EU-Politiker, die Erdogan ungeachtet seines oft polternden Auftretens wegen seiner demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen schätzten, warnten besorgt vor einem Abgleiten in den Autoritarismus.

Kritik von Außenminister Sebastian Kurz
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz übte am Samstag zum internationalen Tag der Menschenrechte übrigens Kritik an Verletzungen der Medienfreiheit in der Türkei. Menschenrechte und Demokratie seien integraler Bestandteil umfassender Sicherheit. "Die zunehmenden Angriffe auf Grundfreiheiten, wie die Medien- und Meinungsfreiheit, sowie massive Behinderungen der Zivilgesellschaft gefährden daher Demokratie und Stabilität in einer Reihe von Staaten." Er beobachte daher mit Sorge, "dass immer mehr grundlegende Menschenrechte in der Türkei missachtet werden und vor allem kritische Medien den Säuberungsaktionen zum Opfer fallen".

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