Ende einer Ära

Trauer um unseren Weltstar Nikolaus Harnoncourt

Österreich
06.03.2016 17:59

"Zufriedenheit ist für mich ein Reizwort. Das heißt, dass man das Ziel zu niedrig gesteckt hat!" Für Nikolaus Harnoncourt war es ein Leitsatz seiner bis an die Grenzen der Besessenheit gehenden Arbeit. Nun ist Harnoncourt, Doyen der Dirigenten Österreichs, am Samstag nach einer schweren Erkrankung 86-jährig in Wien im Kreis seiner Familie gestorben.

"Trauer und Dankbarkeit sind groß", mailte die erschütterte Witwe Alice Harnoncourt, "es war eine wunderbare Zusammenarbeit." Sie spielte in Harnoncourts weltberühmtem Concentus Musicus Violine. Erst im Dezember hatte er seinen Rücktritt als Dirigent bekannt gegeben.

"Die Kunst ist das größte Geschenk Gottes. Lieben wir sie auch im nächsten Jahrtausend", wünschte Harnoncourt seinem Publikum nach seinem ersten Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Und begeisterte weltweit Millionen.

Harnoncourt war ein Ausnahmekünstler: Wo er auftrat, stand er im Mittelpunkt, bei den Wiener wie den Berliner Philharmonikern, in Paris wie in Tokio. Wo er eine Einführung hielt - etwa vor seinen Concentus-Musicus-Konzerten im Musikverein oder den zahllosen internationalen Preisverleihungen an ihn -, begeisterte er durch Weisheit, Originalität und Witz.

Seine Souveränität in der Musik erarbeitete sich Johannes Nicolaus Graf de la Fontaine und d'Harnoncourt d'Unverzagt - über seine Mutter verwandt mit dem steirischen Erzherzog Johann und Kaiser Franz Joseph - mit unglaublichem Fleiß. Vom Cellisten der Wiener Symphoniker schaffte er rasch den Sprung in die Alte Musik. Berühmte Platten und CDs entstanden.

Bald folgten - nach seinem Start mit Monteverdis "Ulisse" an der Mailänder Scala und im Theater an der Wien - legendäre Opernproduktionen: so Monteverdis "Orfeo", "Poppea" und "Ulisse" mit Jean-Pierre Ponnelle für Zürich. Oder an der Wiener Staatsoper sein "Idomeneo".

"Alle ehrlichen Widersprüche sind Teil der Wahrheit"
Solange Herbert von Karajan in Salzburg regierte, war Harnoncourt eher geduldet. Doch danach entstanden weltberühmte Mozart-Produktionen - wie "Don Giovanni" mit Anna Netrebko und Thomas Hampson, "Figaro" (1995, 2006), "Clemenza di Tito", die "Zauberflöte" (2012), 2009 Haydns "Orlando". 2006 wechselte er ans Theater an der Wien ("Lucio Silla", "Orlando", "Mondo della luna" u.a.).

Er dirigierte, unterrichtete, schrieb Bücher, leitete Festivals. Stets meinte er: "Alle ehrlichen Widersprüche sind Teil der Wahrheit." Und wenn er etwa im Wiener Musikverein vor einem Orchester stand, war es für alle spürbar: "Die tollsten Momente in der Kunst finden statt, wenn Gefühle explodieren."

Nikolaus Harnoncourt dirigiert den "Donauwalzer" beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker im Jahr 2001

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