Todeswelle auf Java

Panik nach weiterem Erdbeben

Ausland
19.07.2006 15:41
Nur zwei Tage nach der verheerenden Flutwelle an der Küste Javas hat ein neues Erdbeben am Mittwoch wieder eine Tsunami-Warnung ausgelöst. Das Erdbeben der Stärke 6,2 ließ in der indonesischen Hauptstadt Jakarta die Hochhäuser schwanken.

Experten der indonesischen Behörde für Meteorologie betonten, es habe sich nicht um ein Nachbeben der Erdstöße vom Montag gehandelt. „Es ist ein neues Erdbeben. Und es hat das Potenzial, einen Tsunami auszulösen“, sagte Behördensprecher Hendra. Die Tsunami-Warnung gilt für den Südwesten der indonesischen Insel Java.

Das erneute Erdbeben ereignete sich am späten Nachmittag etwa 190 Kilometer südwestlich von Jakarta in der Sundastraße zwischen Java und Sumatra. Das Epizentrum lag nach indonesischen Angaben 40 Kilometer unter dem Meeresboden. Das nächstgelegene Land ist ein unbewohnter Nationalpark.

Gerüchte lösen neue Panik aus
Viele Menschen in der Krisenregion zeigten am Mittwoch schon vor dem neuen Beben ihre Angst, in die Nähe der Küste zurückzukehren. Gerüchte von einer weiteren Riesenwelle lösten Panik aus. Laut "Wasser, Wasser!" schreiend flohen hunderte entsetzte Menschen mit Autos oder Motorrädern aus Notunterkünften in Strandnähe ins Landesinnere. Rettungskräfte und Polizei versuchten inmitten des Chaos, die Menschen zu beruhigen. Erst nach etwa 20 Minuten kehrte wieder Ruhe ein.

Am Montag waren durch einen Tsunami – ausgelöst von einem Beben mit der Stärke 7,7 – in der Unglücksregion im Südwesten der indonesischen Insel Java nach jüngsten Angaben mindestens 531 Menschen getötet worden. Mehr als 280 Personen gelten noch als vermisst. Rund 30.000 Menschen verloren ihr Hab und Gut.

Wissenschaftsminister gibt Fehler zu!
Der indonesische Wissenschaftsminister Kadiman bestätigte der britischen Zeitung „The Guardian“, dass es schwerwiegende Fehler bei der Weitergabe von Warmeldungen vor dem Tsunami gab. Zwar habe man entsprechende Warnungen aus Japan und Hawaii etwa 20 Minuten nach dem Beben erhalten. „Wir haben sie aber nicht bekannt gegeben“, räumte er ein. Ein Beamter sagte dem Blatt, die zuständigen Stellen seien zu sehr mit der Beobachtung der Nachbeben beschäftigt gewesen. Es gibt auch eineinhalb Jahre nach der Tsunami-Katastrophe von Weihnachten 2004 noch kein professionelles Frühwarnsystem in Indonesien.

Vizepräsident hält Warnung für „überflüssig“
Vizepräsident Kalla erklärte zuvor auf eine Frage von Journalisten, eine Warnung der Bevölkerung wäre überflüssig gewesen, weil viele Menschen nach dem Beben der Stärke 7,7 ohnehin aus Angst ins Landesinnere geflüchtet seien. Es habe daher „eine Art natürliches Frühwarnsystem“ gegeben. Von mehreren Dutzend Menschen, die ein Reporter der Nachrichtenagentur AP befragte, erklärte jedoch nur einer, er habe leichte Erdstöße gefühlt. Ein Wissenschaftler sagte, die Experten hätten die Stärke des Seebebens zunächst unterschätzt.

Hilfsaktionen treffen auf Java ein
Unterdessen treffen immer mehr Mitarbeiter von Hilfsorganisationen aus dem In- und Ausland im Katastrophengebiet ein. Die Vereinten Nationen schickten am Dienstag Helfer in das Katastrophengebiet. In Jakarta traf sich Indonesiens Präsident Susilo mit den Leitern der Hilfsmissionen, um zu entscheiden, wie die Provinzen am besten unterstützt werden könnten. Zahlreiche Hilfsorganisationen wie die Caritas und das Rote Kreuz riefen zu Spenden auf.

Schweden und Holländer unter den Opfern
Hunderte von Soldaten und freiwilligen Helfern unterstützten unterdessen die verstörten Einwohner bei der Bergung der Toten. Weinend suchten viele in den Trümmern ihrer Habe nach ihren Verwandten. Die Behörden glaubten, dass auch einige Ausländer unter den Toten sind. So starben ein in Pangandaran lebender Schwede und zwei schwedische Buben im Alter von fünf und zehn Jahren. Die staatliche Nachrichtenagentur Antara berichtete, auch zwei Niederländer und zwei Pakistaner seien ums Leben gekommen.

Starkes Erdbeben als Auslöser
Nach Angaben der US-Erdbebenwarte hatten die Erdstöße am Montag eine Stärke von 7,7. Das Beben, dessen Epizentrum rund 360 Kilometer südöstlich von Jakarta im Indischen Ozean lag, ereignete sich gegen 15.20 Uhr (10.20 Uhr MESZ). Das Tsunami-Warnzentrum im Pazifik löste einen Alarm für die indonesischen Inseln Java and Sumatra aus sowie für die australischen Weihnachtsinseln und die Kokos-Inseln.

Für Java erwies sich der Tsunami als schlimmer, als er selbst von Behörden zunächst eingeschätzt wurde. „Erst gab es nur eine ganz leichte Erschütterung. Manche Menschen haben das vielleicht gar nicht gespürt“, sagte ein Mann mit Namen Mamat, der etwa 100 Meter vom Strand stand, als alles begann. „Einige Minuten später sind Wellen, die bis zu vier Meter hoch waren, unheimlich schnell auf die Küste gekracht“, sagte Mamat der dpa. „Da waren viele Autos und Boote, die vom Seewasser einfach weggewaschen wurden. Und dann sind sie in die Hotels geknallt.“

Überall Tote am Strand
Pangandaran, ein beliebter Touristenort, wurde am schlimmsten getroffen. Mindestens 200 Tote wurden hier gefunden. Viele Strandhotels und andere Gebäude an der Küste wurden zerstört. Katastrophenschützer der Regierung sagten in Pangandaran, überall hätten Tote am Stand gelegen. Viele seien Einwohner aus den kleinen Fischerdörfern in der Umgebung.

Erst im Mai hatte ein Beben der Stärke 6,2 das Zentrum Javas um die Stadt Yogyakarta erschüttert. 6.000 Menschen starben, Tausende wurden verletzt. Monatelang hatte zudem der Vulkan Merapi in der Nähe giftige Gaswolken ausgespien und die Menschen in Angst versetzt. Bei der Katastrophe vom Montag wurden Erinnerungen wach an den großen Tsunami vom 26. Dezember 2004. Damals waren in neun Staaten rund um den Indischen Ozean mehr als 220.000 Menschen umgekommen. 177 000 Menschen starben allein in der indonesischen Provinz Aceh auf Sumatra.

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