"Krautschädl"

Rock kommt ab sofort aus Wels

Musik
07.04.2006 18:35
Nein, das ist nicht die Bergbauern-Version der Hansons! „Krautschädl“, das sind drei Oberösterreicher, die endlich wieder rockig-rauen Wind in die vor Pop und Punk erschlaffende Musikszene zwischen Bregenz und Eisenstadt bringen. Harte Gitarrenriffs, aber melodische Songs und das alles in einer Sprache, die man in den großen heimischen Radios nur allzu schmerzlich vermisst: Mundart. Und von der machten die drei Krautschädls auch beim lustigen Schwätzchen mit Krone.at vor ihrem Gig in der Wiener Szene kräftig Gebrauch…
(Bild: kmm)

Mölgie, Sonti und Pleasure vulgo Philipp Sikora (21), Stefan Sonntagbauer (18) und Lukas Plescher (20) sind in Form einer klassischen Rock-Kapelle – singender Gitarrist, Bassist und Drummer – schon seit 2003 die „Krautschädls“.

Und warum „Krautschädl“?
Der Bandname rührt von der Genre-Bezeichnung „Krautrock“ her, die ein paar deutsche Bands ab den 60igern für ihren Mix aus verschiedenen Musikgenres verwendeten; damals wurde das Wort aus dem Spitznamen „Krauts“ abgeleitet, den amerikanische Radiomoderatoren in der Besatzungszeit den deutschen Musikern wegen ihrer Hinterweltler-Mentalität gaben. Gar nicht so einfach…

In Oberösterreich gibt’s eben auch schon Stromgitarren…
Mit der Kombination aus deftiger Mundart und kräftigem Funkrock haben die drei Jungs von Krautschädl das Genre „Krautrock“ jedenfalls neu erfunden. „Des soll heißen, das wir in Oberösterreich a scho Stromgitarren hob’n“, witzelt Bassist Sonti vorm Gig in der Wiener Szene, wo die Oberösterrreicher als Support von Revolverheld in der bis zum Rand gefüllten Halle auftraten (siehe Interview).

Und in der Tat wissen die Krautschädls trotz ihres juvenilen Alters mit ihren Instrumenten umzugehen. Auf ihrem gleichnamigen Album beweisen sie nicht nur hohe Songschreiberqualität mit Texten, die von witzig-albern bis nachdenklich-todernst reichen, sondern überzeugen auch musikalisch mit eingängigen Melodien und tempo- und abwechslungsreichen Kompositionen.

Kraut und Rüben eben…
So kann es ganz leicht passieren, dass man bei Krautschädl nach der Ode an „das Glaserl Wein“ (O-Ton: Weil der Weberknecht hat immer Recht!) gleich beim nächsten Track in einen nachdenklichen Song über das Leben und seine Stolpersteine kippt. Kraut und Rüben eben… aber gediegen, bitteschön.

Das Musizieren haben die Jungs irgendwo zwischen Wohnen und Leben im Proberaum und hinter der Schulbank eines Linzer Gymnasiums mit Musikzweig gelernt. Und davon können sich so manche Kollegen sprich Bands was abgucken – das fängt beim anständigen Gitarrensolo weitab von langweiligen Powerchords an und geht über kraftvolle Drums bis hin zum mörderisch drückenden Bass-Fundament.

Der herzhafte Oberösterreicher-Dialekt tut dazu sein übriges, denn vor solch funkig-rockigem Hintergrund hat man schon lang keinen mehr so singen gehört, wie ihm halt der Schnabel gewachsen ist. Um falsche Eindrücke aber gleich im Voraus auszulöschen: Mit „Patriotismus“ hat das weniger zu tun – vielmehr ist es, wie man auch aus ihren Texten herauslesen kann, eine Sache der Artikulation und urige Originalität.

Geradlinige Rockmusik ohne stylische Schnörkel
Dem stimmte auch das durchwegs jugendliche Publikum bei Krautschädls kurzem Live-Auftritt vor den deutschen Newcomern Revolverheld zu. Gitarrist und Sänger Mölgie unterhielt mit unaufdringlichem Charme, Bassist Sonti zeigte eindrucksvoll, dass nicht nur Flea von den Chilli Peppers slappen kann und auch an den Drums gab’s massig Power zu spüren.

Auch nach getaner Zugabe blieb das Gefühl im Raum, dass viele – und da speziell die etwas älteren Gäste – gern mehr gehört hätten… Klar, hier wurde geradlinige Rockmusik ohne stylische Schnörkel geboten, die eben erfrischend anders ist und bei der’s Teenie-Gruppierungen à la Tokio Hotel (jaja, die müssen immer als Beispiel herhalten) die Steh-Frisuren platt legt.

Der Rock kommt ab sofort aus Wels!
Der erste Schritt für die drei Oberösterreicher, von denen derzeit zwei ihren Zivildienst versehen – Freizeit wird da selbst für die sonst so gemütlichen Herrschaften zum Fremdwort – ist jedenfalls getan: Das Album ist für sich genommen das wahrscheinlich Aufregendste, das man momentan aus Österreich in Sachen Mundart zu hören kriegt und damit geht der Wanderpokal für den derzeit besten Rock im Lande – jedenfalls von meiner Warte aus – an die Krautschädls.

10 von 10 biologischen Krautrockern


Christoph Andert

Alle Bilder (c) SONY BMG

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