Eigene Wohnung statt Einrichtung, echter Arbeitsplatz statt Werkstatt mit Taschengeld: Selbstvertreter und der Anwalt für Menschen mit Behinderung fordern die steirische Landesregierung jetzt zum Handeln auf.
Es sind etwa 2400 Menschen mit Behinderung in der Steiermark, die in Wohnhäusern oder Einrichtungen leben. Das bedeutet zwar einen geregelten, aber keinen selbstbestimmten Tagesablauf – ein Thema, auf das Selbstvertreter am Dienstag in Graz aufmerksam machten: „Die Leute können nicht einmal duschen, wann sie wollen“, sagt Dietmar Ogris vom Verein Selbstbestimmt Leben. In Tageswerkstätten bekommen Klienten zwar ein Taschengeld, jedoch keine Bezahlung wie am ersten Arbeitsmarkt. 4700 Steirer sind aktuell in Werkstätten der Behindertenhilfe beschäftigt.
Deswegen fordern die Vertreter nun die FPÖ-ÖVP-Landesregierung zum Handeln auf: „Wir brauchen eine Verpflichtung über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, und zwar nicht nur im Sozialressort“, sagt Siegfried Suppan, Leiter der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung. „Wir fordern einen ressortübergreifenden Aktionsplan.“ Bereiche wie der Wohnbau, aber auch Sport und Kultur seien dabei genauso wichtig.
Flexibleres System und mehr Assistenz
Konkret würde das nicht eine sofortige Auflösung der Einrichtungen, sondern mehr Wahlfreiheit bedeuten, sagt Thomas Marka von People First, einer Selbstvertretung für Menschen mit Lernschwäche: „Das System ist sehr starr. Mit flexiblen Assistenzleistungen könnte man Schritt für Schritt zur eigenen Wohnung und zum eigenen Job begleiten.“ Wichtig sei, niemanden zu zwingen und Sorgen aus dem Umfeld ernst zu nehmen, betont Suppan. „Es muss auch die Möglichkeit geben, das nicht zu wollen oder beim ersten Anlauf zu scheitern.“
Ein selbstbestimmtes Leben beginne nicht erst im Erwachsenenalter: „Sonderschulen und heilpädagogische Kindergärten tragen zur Institutionalisierung bei“, sagt Suppan und warnt eindringlich vor der Rückkehr dieser Formen. Stattdessen müsse man auf inklusive Modelle setzen. Flexible, mobile Assistenzleistungen seien auf lange Zeit betrachtet auch günstiger, sagt Dietmar Ogris.
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