Rund 30.000 Euro

Dubiose Rechnungen wirbeln Klagenfurts Rathaus auf

Kärnten
06.11.2025 15:00

Die Vorwürfe rund um politische Interventionen haben viel Staub im Klagenfurter Rathaus aufgewirbelt. Die SP spricht von einem „Selbstbedienungsladen“ und veröffentlicht zwei Rechnungen, die einige Fragen aufwerfen.

Klagenfurts Vizebürgermeister Patrick Jonke (FSP) soll bei der Vergabe von städtischen Aufträgen für seine Freunde interveniert haben, wir haben berichtet. So soll etwa Gastronom Gert Höferer den Zuschlag für die Gastronomie im Strandbad Loretto bekommen haben, obwohl dieser nur Zweitplatzierter war. Dieselbe Firma hat auch den Auftrag für das Betreiben der WC-Anlagen am Christkindlmarkt erhalten.

Bürgermeister Christian Scheider kündigte am Donnerstag an, die Vorwürfe prüfen zu lassen: „Als Bürgermeister sehe ich es als meine klare Pflicht an, dass diese nun im Raum stehenden Vorwürfe restlos aufgeklärt werden.“ So soll die Interne Revision und der Stadtrechnungshof die WC-Causa überprüfen und der Stadtwerke-Aufsichtsrat die Vergabe der Loretto-Gastronomie.

Die neuerlichen Vorwürfe nahm dann allerdings auch SP-Chef und ebenfalls Vizebürgermeister der Stadt Ron Rabitsch zum Anlass, zu einer Pressekonferenz mit dem Titel „Selbstbedienungsladen Klagenfurt – neue Erkenntnisse!“ zu laden. „Als ich ins Rathaus gekommen bin, war mein Ansinnen ein Kulturwandel, ein neuer Stil“, begann Rabitsch. Viele Mitarbeiter der Stadt hätten es nämlich satt, es herrsche sogar eine Atmosphäre der Angst. Und so veröffentlichte der SPÖ-Chef zwei Rechnungen (er habe sie „mit eigenen Augen gesehen“, könne sie aber nicht zur Verfügung stellen), die von Steuerberater Dr. Ulrich Kraßnig an die Stadt Klagenfurt gestellt wurden.

Zuständige Referentin wusste von keinen Rechnungen
In einer Rechnung vom 24.11.2024 werden 18.000 für die „Beratung des Eigentümervertreters der STW Klagenfurt in Hinblick auf deren möglichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung der Stadt Klagenfurt“ verrechnet – es soll dabei um eine Besprechung zwischen Bürgermeister Christian Scheider, Vize Patrick Jonke und deren enger Vertrauter Karl-Heinz Petritz gegangen sein.

Außerdem spricht Rabitsch von einem Schreiben rund um die städtischen Anteile an der EKG (Energie Klagenfurt GmbH), „das allerdings nie jemand gesehen hat.“ 32 von insgesamt 43 Arbeitsstunden weist der Bereich „Konzipierung einschließlich Bewertung der EKG-Anteile (Plausibilisierung)“ zu. Außerdem sei Kraßnig zu diesem Zeitpunkt bereits Wirtschaftsprüfer der Stadtwerke gewesen: „Sollte das nicht in seine Leistungen als Wirtschaftsprüfer fallen? Oder handelte es sich hierbei etwa um Parteiberatung auf Stadtkosten?“

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Wir sehen hier ein Netzwerk aus Begünstigungen, das sich rund um Herrn Jonke gebildet hat.

Ines Domenig, stv. SPÖ-Klubobfrau

Am 14.5.2025 – also vor wenigen Monaten – nahm Scheider Kraßnigs Leistungen erneut in Anspruch, diesmal mit dem Titel „Mündliche und schriftliche Berichterstattung über die Feststellungen der Prüfung der Stadtwerke-Konzerns und Vorbereitung für die Hauptversammlung der Stadtwerke Klagenfurt“. Die 12.000-Euro-Rechnung dazu kam allerdings erst am 15. August: „Im Mai gab es in Klagenfurt ja auch noch kein Budget“, vermutet Rabitsch den Grund dafür. Die Finanzreferentin Constance Mochar habe von beiden Belegen nichts gewusst. Auch als Beteiligungsreferentin hätte sie an Besprechungen rund um die EKG dabei sein müssen.

Ulrich Kraßnig spricht von „Beratungsleistungen“ für den Bürgermeister, der als Eigentümervertreter bei den STW agiert habe: „Zu allen Rechnungen gibt es entsprechende Schriftstücke. Wenn ich beauftragt werde, hinterfrage ich ja nicht, welche Personen im Rathaus darin involviert sind“, erklärt der Steuerberater, der sich auch rechtliche Schritte vorbehalten will.

Viele offene Fragen
Doch wie können solche Rechnungen überwiesen werden, ohne dass es jemand mitbekommt? Wo sind die Berichte, die von Steuergeldern bezahlt wurden? Dem Stadtsenat seien sie jedenfalls nicht vorgelegt worden, so Rabitsch, der gleichzeitig die Veröffentlichung dieser Dokumente fordert. „Wir sehen hier ein Netzwerk aus Begünstigungen, das sich rund um Herrn Jonke gebildet hat. Die Stadt darf nicht zum Selbstbedienungsladen werden“, erklärt auch die stellvertretende SP-Klubobfrau Ines Domenig.

Patrick Jonke soll für Gert Höferer interveniert haben.
Patrick Jonke soll für Gert Höferer interveniert haben.(Bild: Rojsek-Wiedergut/Tragner)

Die Sozialdemokraten wollen in der WC-Causa übrigens auch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einbringen und den Aufsichtsrat der Stadtwerke zur Prüfung der Strandbad-Loretto-Thematik auffordern. „Man versucht aktuell Freunderlwirtschaft und politische Interventionen zu normalisieren – dagegen verwehre ich mich! Ich kann solche Sachen nicht juristisch, aber moralisch bewerten: Das ist einfach unanständig“, sind sich Rabitsch und Domenig einig. Die Bürgermeisterpartei FSP wies die „völlig haltlosen Vorwürfe“ in einer Presseaussendung zurück.

Klagenfurt Inoffiziell
Viele komische Zufälle rund um Vizebürgermeister

Neue Causa, gleiches Muster: Um den Klagenfurter Vizebürgermeister Patrick Jonke wird’s nicht ruhig. 

Es sind nicht die ersten Vorwürfe, mit denen er sich konfrontiert sieht. Sogar die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen anonymer Anzeigen, die aber zu keiner Anklage führten.

Nun sollen dem Online-Portal Mediapartizan Unterlagen vorliegen, die eine politische Intervention für den Gastronomen – und Jonkes guten Freund – Gert Höferer 2023 bei der Vergabe der lukrativen Strandbad-Gastronomie im Loretto nahelegen. Auch der Stadtwerke-Vorstand Erwin Smole soll involviert gewesen sein. Vorwürfe, die dieser zurückweist. Höferers TAS GmbH erhielt jedenfalls den Zuschlag, obwohl man nur Zweitgereihter war. 

Die gleiche Firma bekam 2024 dann auch den Zuschlag für WC-Anlagen am Christkindlmarkt – die Stadt zahlte etwa 36.000 Euro, das Doppelte wie im Jahr zuvor. Darin involviert: Jonkes Lebensgefährtin, die als Marktkoordinatorin tätig ist.

„Kann mich nicht mehr erinnern – vielleicht ein gutes Wort eingelegt“
Rund um den Vize reiht sich also eine Auffälligkeit an die nächste. Eine Intervention hier, ein komischer Zufall da – und jedes Mal heißt es: nicht strafbar, nicht ungewöhnlich, nicht der Rede wert. Jonke selbst sagt, er könne sich an eine Intervention nicht erinnern, er habe „vielleicht ein gutes Wort eingelegt“. Aber das sei in der Politik tagtäglich der Fall.

Doch genau darum geht es: nicht um das einzelne Telefonat, das einzelne E-Mail oder den einzelnen Auftrag – sondern um das Gesamtbild. Und das vermittelt irgendwie eine Art „Freunderlwirtschaft“.

Zufall? Vielleicht. Aber irgendwann hört auch der wohlwollendste Beobachter auf, an Zufälle zu glauben.

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