Hänseleien und Schikanen stehen an Kärntens Schulen leider oft auf der Tagesordnung. Doch was tun, wenn Ausgrenzung und Mobbing überhandnehmen? Elisabeth Mörtl begleitet und coacht Kinder, um schon präventiv gegen Mobbing und soziale Ausgrenzung vorzugehen.
„Die anderen sagen, ich bin blöd.“ – „Warum bin ich nicht zum Geburtstag eingeladen?“. Sätze wie diese hören viele Eltern. Man möchte sein Kind verteidigen und beschützen. Doch genau hier, sagt Pädagogin Elisabeth Mörtl, beginnt oft das eigentliche Problem. „Wenn ich meinem Kind vermittle: ,Du musst dich über diese Gemeinheit ärgern´, dann lernt es, sich diese Verletzung zu Herzen zu nehmen und das ist der erste Schritt in die falsche Richtung“, erklärt die Pädagogin.
Präventiv arbeiten statt die letzte Anlaufstelle sein
Die zweifache Mutter weiß, wovon sie spricht. Jahrelang arbeitete sie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, sah dort die Spuren, die Mobbing hinterlässt: tiefe seelische Narben, die oft lange nachwirken. „Ich wollte nicht mehr die letzte Anlaufstelle sein, sondern präventiv arbeiten.“ Seit drei Jahren ist Elisabeth Mörtl nun selbstständig als Trainerin unterwegs. In Kindergärten und Volksschulen veranstaltet sie Workshops, um Kindern Zusammenhalt und Selbstbewusstsein beizubringen.
In ihren Kursen erzählt sie die Geschichte von Jessica, einem Mädchen, das oft negatives zu hören bekommt: „Gib einmal Ruhe, du bist lästig.“ Während sie spricht, zerknüllt Mörtl ein Papierherz. „Was machen solche Worte? Sie verletzen. Sie hinterlassen Spuren im Herzen.“ Mit diesem Gefühl der Wertlosigkeit geht Jessica in die Schule. Und irgendwann merkt sie: Wenn ich andere ärgere, dann fühle ich mich wenigstens kurz besser. So wird aus Jessica eine „Stressika“ – ein Kind, das selbst zum Täter wird, weil es verletzt ist. „Solche Kinder gibt es überall“, sagt Mörtl. „Hinter jedem aggressiven Verhalten steckt ein unerfülltes Bedürfnis.“
Gefühle ausdrücken und anderen Mut machen
Um den Kindern zu zeigen, wie Zusammenhalt funktioniert, hat Mörtl drei tierische Begleiter: Ludwig den Bären, Emil das Schaf und Dramara das Lama. Sie symbolisieren die verschiedenen Rollen im Mobbingprozess – vom Täter über das Opfer bis hin zu den Zuschauern. Mit ihnen übt Mörtl spielerisch, wie Kinder „coole Schutzschilder“ aufbauen können: nicht gegen andere, sondern für sich selbst. „Es geht nicht darum, Jessica auszugrenzen“, betont sie, „sondern darum, jeden zu stärken, damit er seine Gefühle versteht und ausdrücken kann. Du sollst für andere einstehen, denn das zeugt von wahrer Stärke und Mut.“
Doch Prävention beginnt nicht erst in der Schule. „Eltern können unglaublich viel tun“, betont Mörtl. „Spielen Sie zu Hause kleine Szenarien durch. Üben Sie, wie man mit Beleidigungen umgeht, nämlich selbstbewusst. Es ist ‘nur‘ eine Meinung. So bauen Kinder ihr Schutzschild Stück für Stück auf.“ Auch der Umgang mit der Meinung anderer sollte überdacht werden. „Wenn mein Kind sich im Restaurant nicht so benimmt, wie ich es mir wünsche, dann sollte meine Reaktion nicht lauten: ,Was sollen denn die anderen denken?´ Wichtiger ist: ,Wie fühlt sich das für uns als Familie an?“. Denn wer früh lernt, sich nicht von fremden Urteilen leiten zu lassen, bleibt auch später innerlich stabil.
Gefühle von Kindern nicht absprechen
Und wenn das eigene Kind mit Tränen nach Hause kommt, weil andere es beleidigt haben? „Dann sollten wir nicht zuerst die anderen Eltern anrufen“, sagt Mörtl. „Das Kind bestärken, es ist nur eine Meinung, nicht die Wahrheit. Denn der eigene Wert hängt nicht von der Meinung anderer ab. Wie schön wäre es, wenn Kinder es dann schaffen würden, sich Gemeinheiten nicht zu Herzen zu nehmen? Einfach weil sie wissen, dass sie gut sind, wie sie sind!“ Wichtig ist es auch, die Gefühle der Kinder nicht abzusprechen: „Sätze wie ‘Deswegen musst du nicht traurig sein‘ oder ‘Wegen sowas ärgert man sich doch nicht‘ vermitteln Kindern, dass ihre Gefühle nicht in Ordnung sind – und genau das sollte nicht passieren.“
Elisabeth Mörtl ist nicht nur in Schulen unterwegs – sie bietet auch private „Bärenstunden“ an. „Ich habe jetzt einen Raum in Lind ob Velden: die Bärenhöhle. Das ist mein Raum für Mobbingprävention und Stärkung. Dort können nun auch Einzeltrainings gebucht werden“, erzählt sie stolz. Im Sommer entwickelte Mörtl ein eigenes Konzept, das mittlerweile bereits von sechs weiteren Trainerinnen und Trainern übernommen wurde.
Elisabeth Mörtl ist überzeugt: Mobbingprävention ist Herzensbildung.
Sie lehrt Kinder, mit Worten achtsam umzugehen – und Eltern, loszulassen, was andere denken. Denn wo Schutzschilder aus Selbstwert und Vertrauen wachsen, hat Mobbing keine Chance. Infos unter: www.baerenstarkmitlissi.at
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.