Die Marke kika wurde von Signa mit über 30 Millionen Euro bewertet. Bei der Insolvenzauktion brachte sie gerade mal 142.000 Euro ein. Ein Lehrstück über das System Benko: Schein-Gewinne, Fantasie-Bewertungen und ein Milliarden-Kollaps.
Als René Benko von gewissen Medien noch als „Unternehmergenie“ gefeiert wurde, sah alles glänzend aus. Seine Signa-Bilanzen wiesen Jahr für Jahr Gewinne aus, obwohl Kerngesellschaften wie die Signa Prime seit Jahren operativ tiefrote Zahlen schrieben. Wie das ging? Ganz einfach: Vermögenswerte wie Gebäude und Marken wurden alle Jahre wieder neu bewertet und teurer gemacht.
So entstanden Schein-Gewinne, obwohl in der Realität sehr viel mehr Geld ausgegeben als eingenommen wurde. Ein Kartenhaus, das nur dank kreativer Zahlenjongleure und gewiefter Bilanzkosmetiker zusammengehalten werden konnte.
„Projekt Amber“: Griff in den Schminkkoffer
Ein besonders schillerndes Beispiel: kika/Leiner. 2022 waren die Möbelbilanzen im Keller. Also griffen Benkos Manager-Marionetten tief in den Schminkkoffer für Bilanzkosmetik, wie vertrauliche Unterlagen belegen, die der „Krone“ vorliegen. Unter dem Decknamen „Projekt Amber“ (zu Deutsch: Bernstein) ließ Signa die beiden Gesellschaften kika und Leiner rückwirkend zum 30. September 2021 verschmelzen. Offiziell, um eine „stärkere Bilanz“ zu zeigen. Tatsächlich aber hauptsächlich, um dadurch Vermögenswerte künstlich aufzupolieren. Mithilfe einer deutschen Anwaltskanzlei wurden plötzlich angeblich valide Markenwerte entdeckt, die vorher kaum eine Rolle gespielt hatten:
Macht zusammen fast 46 Millionen Euro an neuem „Markenwert“. Und schon sah die Bilanz wieder hübsch aus.
Kreislauf aus heißer Luft
Die Begründung für die plötzliche Wertsteigerung klingt fast schon absurd: Die Marken seien deshalb mehr wert, weil die Filialstandorte langfristige Mietverträge mit bis zu 22 Jahren Restlaufzeit hätten. Und wer besaß die Immobilien? Natürlich das Benko-Reich, über seinen Signa-Immobilienarm. So stützte eine Benko-Gesellschaft den Wert der anderen. Ein Kreislauf aus heißer Luft, mit der fiktive Werte aufgeblasen wurden.
Doch die schöne Scheinwelt hielt nicht lange. Als kika/Leiner im Juni 2023, nur wenige Tage nach dem unerwarteten Verkauf durch die Signa-Gruppe, in die Insolvenz schlitterte, platzte die künstlich geschaffene Bilanzblase. Im Jahresabschluss 2022 wurden sämtliche aufgeblasenen Markenwerte auf null abgeschrieben. Was zuvor angeblich 46 Millionen Euro wert gewesen sein soll, verpuffte vollständig.
Tausende Beschäftigte verloren ihre Jobs
Von kika/Leiner ist wenig übrig. Bei den letzten Insolvenzen haben mehr als 3000 Beschäftigte ihre Jobs verloren. Im Oktober wurde nun die Marke kika im neuerlichen Insolvenzverfahren auf der Auktionsplattform Aurena versteigert. Für 142.000 Euro. Ein Wertverlust von über 99 Prozent.
Das kika-Beispiel zeigt, wie das gesamte Benko-Imperium jahrelang funktionierte: Vor allem Immobilien, aber offensichtlich auch Marken wurden regelmäßig neu bewertet, um scheinbare Gewinne zu erzeugen. So gelang es – trotz fehlender realer Gewinne aus dem Überschuss von Einnahmen minus Ausgaben –, immer neue Investoren zu überzeugen.
Doch in Wahrheit schuf Benko mit seiner Signa offensichtlich nur ein riesiges potemkinsches Dorf. Durch den Kollaps der Signa-Gruppe steht mittlerweile fest: Nach Einsturz des Kartenhauses blieb ein Gesamtverlust von rund 40 Milliarden Euro übrig.
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