Ein junger Kärntner leidet schon seit Jahren an paranoider Schizophrenie und stach im Wahn auf seinen Vater ein – beim Prozess zeigt sich, dass es Hilfe oft erst dann gibt, wenn schon etwas passiert ist. Denn der Betroffene hatte sich in seiner Verzweiflung sogar an einen Wunderheiler gewandt, der danach im Gefängnis landete.
„Wie geht es Ihnen heute?“, will Richter Gernot Kugi von dem jungen Mann auf der Anklagebank zunächst wissen. Denn der 33-Jährige wird zwar in Handschellen in den Schwurgerichtssaal des Klagenfurter Landesgerichts geführt – aber er ist kein Angeklagter, sondern ein Betroffener. Denn Peter (Name geändert) leidet seit seiner Jugend an paranoider Schizophrenie, einer Geisteskrankheit, die zu Realitätsverlust und Wahnvorstellungen führt. Und Patienten gefährlich machen können.
Einweisung für Mordversuch gefordert
Peter etwa hat in einem psychotischen Schub auf seinen Vater eingestochen. Zweimal. „Mit starrem Blick und ohne Worte“, schildert Staatsanwältin Sarah Ofner. „Der Fall zeigt auf tragische Weise, welche Folgen psychische Erkrankungen haben können.“ Peters Vater überlebte, weil die Mutter Erste Hilfe leistete und die Polizei schnell vor Ort war.
Der Fall zeigt auf tragische Weise, welche Folgen psychische Erkrankungen haben können.
Staatsanwältin Sarah Ofner
„Die Polizei war öfters bei uns“, erzählt Peter. „Ich war auch in Behandlung. Aber ich habe mich nie getraut, über die Stimmen in meinem Kopf zu sprechen. An dem Tag, um den es heute geht, hat mir die Stimme befohlen, ich muss zustechen, wenn wer kommt.“
Erst nach dem Mordversuch – denn das wäre die Attacke, wäre Peter zurechnungsfähig – bekam der junge Mann jene Hilfe, die er braucht: Ein Depotmedikament, das den übermäßigen Dopaminausstoß in Schach hält, das Gehirn quasi beruhigt und die Stimmen schweigen lässt.
„Es geht mir also gut“, beantwortet Peter die Frage des Richters. „Erstmals helfen die Medis!“ Er kann sich sogar vorstellen, irgendwann wieder ein eigenständiges Leben zu führen – mit Arbeit und einem Sozialleben. In den vergangenen Jahren war das nicht möglich.
Wunderheiler entpuppte sich als Krimineller
Dabei war er schon so verzweifelt, dass er sogar zu dem einst international bekannten Wunderheiler John of God nach Brasilien flog, um Heilung zu finden – die es bei seiner Erkrankung nicht gibt. Und das selbst ernannte Medium John wurde als Betrüger und Vergewaltiger entlarvt und zu fast 500 (!) Jahren Gefängnis verurteilt.
Wie geht es nun für Peter weiter? Psychiater Walter Wagner sieht Hoffnung, wenn er betreut wird und seine Medikamente nimmt. Dem folgt das Schwurgericht – der 33-Jährige muss nicht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, sondern kommt in eine spezielle Therapieeinrichtung in Kärnten (nicht rechtskräftig).
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.