Niki Glattauer war erfolgreicher Journalist, Lehrer, Schuldirektor und renommierter Kolumnist. Nun tritt er – sterbenskrank – mit mahnenden Worten an die Politik und unsere Gesellschaft ab.
Der Wiener nahm sich nie ein Blatt vor den Mund: weder als Mitarbeiter von diversen Medien – unter anderem der „Krone“ – noch als Lehrer und späterer Schuldirektor, schon gar nicht als Kolumnist. Und auch jetzt, den Tod vor Augen, hat der 66-Jährige noch einiges zu sagen.
„Zu viele nicht Deutsch sprechende Kinder“
Es ist ein persönliches Vermächtnis, das er der Plattform newsflix.at (Heute Verlag) und dem „Falter“ in Form eines berührenden und gleichermaßen aufrüttelnden Interviews hinterlassen hat – gerichtet an die heimische Politik und unsere Gesellschaft.
Wir müssen aufhören, Kinder in unsere Klassen zu setzen, die nicht Deutsch können. Aus! Und im Kindergarten muss Wert darauf gelegt werden, dass man Familien ,austrifiziert’.
Glattauer über die Probleme im Schulsystem
Vor allem Probleme im Schulsystem – und dabei besonders in der Bundeshauptstadt, sprach er immer unverblümt an. So auch jetzt: „Es ist eine Tatsache, dass wir in Wien eine Schule haben, die mit zu vielen nicht Deutsch sprechenden Kindern heillos überfordert ist. Selbst die guten Lehrerinnen und Lehrer können das nicht mehr auffangen“, so Glattauer. Dasselbe Bild würde sich übrigens auch in den Kindergärten zeigen.
Der Kapitalismus – das muss ich als bekennender Linker sagen – zerstört auch die medizinische Versorgung, weil er auf die Optimierung der Ressourcen setzt.
Glattauer über das kränkelnde Gesundheitssystem
Zweiklassen-Medizin am eigenen Leib erlebt
Durch die Horror-Diagnose Gallengangkrebs lernte er in den vergangenen Monaten notgedrungen das Gesundheitssystem besser kennen. Und findet auch dafür mahnende Worte: „Wir haben zu wenig Krankenhauspersonal. Wir haben Krankenschwestern, die wir schlecht bezahlen, und daher kriegen wir auch keine“, so Glattauer, der sich selbst als „Holzklasse-Patient“ bezeichnet. Die Krankenschwestern seien zwar „eh lieb“, aber: „Die haben ja gar keine Zeit, weil du der 70. Patient bist, den sie haben. Und dann sprechen sie auch kein Deutsch, weil wir Pflegepersonal aus dem Ausland nehmen, weil es die Österreicher nicht mehr machen. Ist das ein würdiges Sterben?“
Ich möchte die Menschen darüber informieren, dass man in Österreich selbstbestimmt sterben kann, wenn man unheilbar krank ist. Ich habe eine Krebsdiagnose, mir bleibt nicht viel Zeit.
Glattauer über assistierten Suizid
Niki Glattauer hat die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen und sich für einen assistierten Abschied entschieden: „Ich hatte ein glückliches Leben, das Leben war gut zu mir. Und jetzt fangen die schweren Krankheiten an. Ich stehe vor einer Hüftoperation, auf die ich ein Jahr lang warte, weil es eine Zweiklassenmedizin gibt. Ich habe ein Herzproblem. Und jetzt kommt der Krebs dazu. So will ich nicht leben. Ich habe mein Konzert zu Ende gespielt.“
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