Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem weiteren Fall eine geplante Abschiebung nach Syrien vorübergehend gestoppt. Das bestätigte das Innenministerium am Dienstag. Zuvor hatte der Fall eines abgeschobenen, verurteilten Terroristen für Aufregung gesorgt. Die UNO hatte Österreich diesbezüglich abgemahnt. Innenminister Gerhard Karner zeigte sich allerdings unbeeindruckt.
Die Abschiebung des zweiten Syrers hätte am Dienstag stattfinden sollen. Das Innenministerium sah den vorläufigen Stopp in einer schriftlichen Stellungnahme gelassen. Es handle sich bei der Maßnahme – wie bereits in einem Fall zuvor – um eine sogenannte „Interims Measure“. Dies sei „keine Überraschung“ und „absolut nichts Ungewöhnliches“.
„Alle Vorbereitungen getroffen“
Vielmehr entspreche das Vorgehen dem üblichen Ablauf, betonte das Innenministerium: „Es werden weiterhin alle Vorbereitungen für die Durchführung dieser und weiterer Abschiebungen nach Syrien getroffen.“ Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nehme die Einstweilige Anordnung des EGMR zur Kenntnis, hieß es zudem.
Es handle sich bei der Anordnung um eine bis zum 8. September 2025 befristete Maßnahme, merkte das Ministerium an. Bis zu diesem Zeitpunkt werde der EGMR den Fall eingehend prüfen und das BFA eine ausführliche Stellungnahme abgeben. Diese wird vom EGMR auch eingefordert, um den Sachverhalt prüfen zu können. Es handle sich beim Betroffenen um einen mehrfach vorbestraften und verurteilten Straftäter, so das Ministerium.
Minister Karner „nicht überrascht“
Ressortchef Gerhard Karner (ÖVP) betonte am Rande einer Pressekonferenz, dass die bereits erfolgte Abschiebung eines Syrers „rechtskonform“ über Istanbul nach Damaskus stattgefunden habe. Er werde auch weiterhin dafür kämpfen, dass in Zukunft weitere Abschiebungen dorthin erfolgen. Dass der EGMR nun die Abschiebung eines weiteren Syrers aufgeschoben habe, überrasche ihn nicht, so auch Karner.
Auch im ersten Fall habe es vom EGMR eine kurze Frist für eine Stellungnahme gegeben. Die österreichischen Behörden schieben laut dem Minister pro Jahr über 13.000 Menschen ab, etwas mehr als die Hälfte davon freiwillig. „Nachschau zu halten“ sei nicht Aufgabe der österreichischen Behörden und wäre auch „unmöglich“, meinte Karner auf das Verschwinden des bereits abgeschobenen Syrers angesprochen und danach gefragt, wie dies verhindert werden kann.
„Es ist unsere Verantwortung, für Sicherheit in Österreich zu sorgen, dazu gehört, dass Straftäter und Gefährder außer Landes gebracht werden.“ Die Abschiebung nach Syrien sei „kein einfacher Prozess“, aber nach Gesprächen mit dem dortigen Amtskollegen möglich gewesen, so Karner. Es sei dies ein „enorm wichtiges Signal“, und selbst wenn es sich nur um einen Fall handle: „Wenn wir nur ein Verbrechen damit verhindert haben, ist das ein großer Erfolg.“
Erleichterung bei NGOs
Flüchtlings-NGOs zeigten sich angesichts der nun gestoppten, zweiten Abschiebung „erleichtert“. Syrien sei weiterhin ein Land im Kriegszustand und könne die Einhaltung der grundlegendsten Menschenrechte nicht gewährleisten, betonte die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung in einer Aussendung. Einstweilige Anordnungen des EGMR ergingen nur in absoluten Ausnahmefällen.
Bisher haben heuer 500 Syrer freiwillig Österreich verlassen – mehr als doppelt so viele wie jeweils in den Jahren 2023 und 2024. Zudem wurde Anfang Juli erstmals nach 15 Jahren ein wegen Terrorismus-Verdacht zu sieben Jahren Haft verurteilter Straftäter via Wien-Schwechat per Abschiebe-Flieger nach Syrien gebracht. Dort verlor sich dann die Spur.
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