Die Regierung bringt „die größte Energiereform seit 20 Jahren“ auf die Zielgerade. Die Reaktionen fallen gemischt aus. Der Sozialtarif soll Geringverdienern helfen. Weniger Freude dürften Besitzer privater PV-Anlagen und E-Auto-Fahrer haben.
Die Regierung war bereits in Verzug. Ohne ein neues Gesetz drohen massive Strafzahlungen der EU. Nun schickt die Koalition das „Elektrizitätswirtschaftsgesetz“ aber in Begutachtung. Es sei die „größte Energiereform seit 20 Jahren“, so Energie-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner.
Netzkosten sollen künftig „fairer aufgeteilt werden“
„Wir wollen die Stromkosten senken und die Versorgungssicherheit stärken“, sagt Zehetner. Es gehe um eine faire Aufteilung der Kosten. Denn die Netzkosten schießen in den nächsten Jahren deutlich in die Höhe, „das wollen wir für die Konsumenten abdämpfen“. Künftig sollen daher auch die Erzeuger und (private) Einspeiser an den Kosten der Netze beteiligt werden.
Zudem sollen die Entgelte flexibler werden. Das heißt: Wer zu Zeiten geringer Netz-Inanspruchnahme Strom bezieht, soll weniger zahlen. Im Gesetz ist davon die Rede, dass sich „Netzbenutzer angemessen an den Systemkosten zu beteiligen haben“. Die genaue Ausgestaltung wird die Regulierungsbehörde E-Control festlegen.
Auch eine Spitzen-Kappung ist geplant: Bei drohender Netzüberlastung darf künftig nur noch bis zu 60 Prozent der Leistung eingespeist werden – allerdings handle es sich dabei um höchstens ein paar Minuten am Tag.
Neuer Sozialtarif und mehr Übersicht auf der Rechnung
Zudem soll ein Sozialtarif kommen. Wer von der ORF-Gebühr befreit ist, soll künftig Zugang dazu haben. Er zahlt dann sechs Cent netto pro Kilowattstunde. Rund eine Viertelmillion Haushalte sollen davon profitieren, bei den aktuellen Strompreisen würde diese Stützung rund 35 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. „Die Energieversorger werden dafür aufkommen“, so Zehetner.
Wie bereits von der Regierung angekündigt, soll es zudem unkomplizierter werden, Sonnenstrom „vom Nachbar zu kaufen“. Und eine Änderung für alle kommt: Künftig sollen Rechnungen übersichtlicher und transparenter werden, damit auch jeder Kunde sie nachvollziehen kann.
Wie das Gesetz durch das Parlament gelangt, ist offen. Denn die Regierung braucht eine Zweidrittelmehrheit – wahrscheinlich werden die Grünen mitstimmen müssen.
PV-Branche kritisiert Gesetz
Kritik kommt bereits aus der Erneuerbaren-Branche: Eine Verunsicherung für über 500.000 Anlagenbetreiber kritisiert Vera Immitzer von PV Austria: „Das Vorhaben, zusätzliche Netzentgelte für Einspeiser einzuführen, ist nicht nur kurzsichtig, sondern auch hochriskant“, warnt sie. „Wer soll für Flexibilität bereitstehen, wenn genau das bestraft wird?“ Das Einspeisen ist schon jetzt für viele kaum attraktiv, neue Entgelte machen es noch weniger wirtschaftlich.
Die PV-Branche fürchtet sogar, dass das geplante Gesetz den Strompreis in die Höhe treiben wird. Österreich weise jetzt schon die zweithöchste Einspeisekomponente in der gesamten EU auf. Während Stromimporte aus dem EU-Ausland von Abgaben befreit und somit günstiger bleiben, werden heimische Produzenten zusätzlich belastet, lautet die Kritik.
Ins selbe Horn stoßen auch die Grünen. „Wer saubere Energie erzeugt und damit zum Klimaschutz beiträgt, darf dafür nicht bestraft werden“, meint Parteichefin Leonore Gewessler.
Fazit: Gewinner und Verlierer
Zu den Verlierern des neuen Gesetzes gehören vor allem jene, die das Netz und die Stromkapazitäten stark beanspruchen, das sind etwa Besitzer von E-Autos oder Wärmepumpen. Immer dann, wenn viel Strom aus dem Netz bezogen wird, könnte es künftig unter dem Strich teurer werden. Auch Betreiber privater PV-Anlagen müssen künftig mit zusätzlichen Belastungen rechnen. Positive Änderungen kommen hingegen für Niedrigverdiener, die vom Sozialtarif profitieren.
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