Erster Österreicher

Nüßle im Konzert der Großen – Start in World Tour

Florian Nüßle(Bild: WPBSA)

Für Florian Nüßle beginnt im englischen Leicester das Abenteuer World Snooker Tour. Der 23-Jährige misst sich in den nächsten zwei Jahren mit der Weltelite der Queue-Artisten am großen Tisch mit den kleinen Löchern. 

Zum Saisonstart hat der achtfache Staatsmeister am Montagabend in der Qualifikation für die Wuhan Open mit Ali Carter gleich einen namhaften Gegner. „Die Vorfreude ist sehr groß. Es ist das, worauf ich seit Jahren hingearbeitet habe“, sagte Nüßle im APA-Gespräch.

(Bild: WPBSA)

Der gebürtige Grazer, der schon lange in Salzburg lebt, ist der erste Österreicher mit einem World-Tour-Ticket. Ganz oben steht der Erhalt der Tourkarte. „Das ist ein realistisches Ziel, aber Herausforderung genug für die ersten zwei Jahre“, meinte Nüßle, der mittelfristig auf diesem Level Turniersiege feiern möchte. Ein Kindheitstraum sei der Gewinn des WM-Titels, wichtig sei ihm aber auch, als Profi auf eigenen Beinen zu stehen, erklärte Nüßle. „Den Lebensunterhalt damit zu verdienen, war immer mein Ziel. Snooker ist meine Leidenschaft und was ich immer machen wollte.“

Einen Vorgeschmack hat Nüßle im Februar erhalten, als er sein Hauptrunden-Debüt auf der Tour bei den Welsh Open gegen den dreifachen Weltmeister Mark Williams gab (1:4). Nun folgt das Duell mit Carter, der Engländer ist zweifacher Vizeweltmeister und aktuell Weltranglisten-17. Solche Gegner hätten derzeit noch einen kleinen „Einschüchterungseffekt“. „Die haben alle Idolstatus bei mir, weil ich mit denen aufgewachsen bin vor dem Fernseher. Und auf einmal ist die Situation da, dass sie dir gegenüberstehen und das real wird. Das wird irgendwann hoffentlich weg sein.“

Vorbild O‘Sullivan – „Er lässt es so einfach ausschauen“
Nüßles großes Vorbild ist der siebenfache Champion Ronnie O‘Sullivan. „Am Tisch wird es wahrscheinlich nie wieder so einen geben wie ihn. Die Art und Weise, wie er spielt – er lässt es so einfach ausschauen. Das finde ich einfach beeindruckend.“ Das derzeitige Snooker-Nonplusultra sei aber „ganz klar Judd Trump“, der englische Weltranglistenerste. Um in diese Sphären vorzudringen, spiele die Psyche eine Hauptrolle. Denn wer es auf die World Tour schafft, „beherrscht meiner Meinung nach alle Aspekte des Spiels. Im Prinzip entscheidet es sich dann auf mentaler Ebene“, sagte Nüßle.

Ronnie O‘Sullivan(Bild: APA/AFP/JUSTIN TALLIS)

Judd Trump(Bild: AP/Richard Sellers)

Mentalcoach als Hilfe
Der Newcomer ließ sich zwei Jahre lang vom renommierten Mental-und Snookercoach Chris Henry, der Stars wie Mark Selby oder Shaun Murphy zu seinen Klienten zählt, beraten. Dabei ging es auch um den Umgang mit Rückschlägen wie jenem im Juni 2023, als Nüßle die Tourkarte im Qualifikationsfinale trotz Führung aus der Hand gab. „Das hat mich sehr getroffen. Danach habe ich einen Monat gebraucht, wo ich fast nicht aus dem Bett gekommen bin, weil die Motivation gefehlt hat. Aber der wirkliche Glaube, dass es irgendwann einmal reicht, der war immer da.“

Der Neo-Profi absolviert pro Woche ein Trainingspensum von 30-35 Stunden am Snookertisch, bei durchschnittlich einem Tag Pause. „Das ist eine auslaugende Geschichte, wo ich eher emotional und kopfmäßig am Ende bin als physisch.“ Abwechslung verschafft ein Gleichgesinnter, mit dem Schweizer Tourspieler Alexander Ursenbacher teilt Nüßle viel Zeit. In Leicester stehen beide am Montag am Tisch, drei Tage später wartet an gleicher Stelle die Qualifikation für die British Open, wo der Österreicher auf den Chinesen Xu Si trifft. Bis zum Saison-Höhepunkt dauert es noch – die WM in Sheffield findet im Frühling 2026 statt.