


Die Grazer Oper zeigt Benjamin Brittens „A Midsummer Night’s Dream“ nach William Shakespeare in der Inszenierung von Bernd Mottl: ein humorvoll schillernder Spagat zwischen Werktreue, modernem Zugriff und spektakulären Bildern.
Mit spielerischem Verve hat Benjamin Britten 1960 William Shakespeares „Sommernachtstraum“ über die Irrungen und Wirrungen der Liebe vertont. Die wilde Romantik des Waldes, in dem das Original spielt, hat der Stoff in der Grazer Bearbeitung von Regisseur Bernd Mottl ebenso hinter sich gelassen wie heterosexuelle Normen. Auf einem spektakulär inszenierten Auto-Friedhof (Bühne: Friedrich Eggert) gehen die Figuren ihrer Triebhaftigkeit nach, die von Drag-Feen entfacht und von Fetisch-Tieren (Kostüme: Alfred Mayerhofer) befeuert werden.
Animalische Gelüste im Fetisch-Kleid
Einiges dieser modernen Lesart hat Britten in seinen Kompositionen angelegt: Den Oberon etwa singt bei ihm ein Countertenor – in Graz glänzt Rafał Tomkiewicz in dieser Rolle. Er spannt seiner Tytania (Ekaterina Solunya) nicht nur den Lover aus und erweckt in ihr animalische Gelüste nach einer Rampensau, die sich später noch in einen Esel (Ivan Oreščanin) verwandelt. Gemeinsam mit Puck (Fausto Israel als selbstverliebte Dragqueen) bringt Oberon auch die Leidenschaften zweier gutbürgerlicher Paare durcheinander.
Nicht in allen Szenen ist der schrille Zugriff von Mottl und seinem Team schlüssig. Vor allem die beiden Liebespaare – Hermia (Sofia Vinnik) und Lysander (Ted Black) sowie Helena (Sieglinde Feldhofer) und Demetrius (Nikita Ivasechko) – wirken in dieser industriellen Welt der Auto-Erotik etwas verloren und verlieren an Farbe. Doch diese Blässe wird auch zu einem tollen Kontrast für das knallbunte Theater der Handwerker, das durch Brittens kunstvoll gesetzte Krächzer und die Spielfreude des Grazer Ensembles – Will Frost (Quince), Martin Fournier (Flute), Wilfried Zelinka (Snug), Euiyoung Peter Oh (Snout) und Markus Butter (Straveling) – zu einer Farce der gutbürgerlichen Normen wird.
Das Resultat ist ein Abend, dem der Spagat zwischen Werktreue, modernem Zugriff und spektakulären Bildern über weite Strecken gelingt. Die Grazer Philharmoniker liefern unter Johannes Braun einen solide schillernden Klang, auch wenn bei der Premiere hie und da die Präzision noch fehlte. Sehr präzise hingegen fügt sich die Singschul‘ der Oper Graz (Leitung: Andrea Fournier) in dieses Konzept.
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