"Krone"-Interview

Rapp über Herzinfarkt: “Das ist ein Naturereignis”

Adabei
28.09.2013 17:00
Er hat schon viele Dramen überlebt, jetzt zählt auch ein Herzinfarkt dazu. Im Interview mit Conny Bischofberger erinnert sich ORF-Legende Peter Rapp (69) an dramatische Stunden.

Im 13. Stock der Wiener Rudolfstiftung ist was los. Kamerateams, Blumenboten und Besucher geben sich vor Peter Rapps Einzelzimmer die Klinke in die Hand. Der prominente Patient sitzt kerzengerade im Bett und löffelt sein Dessert.

"Ja bitte", ruft er fast vergnügt, wenn es klopft (und es klopft ständig). Bereitwillig lässt er sich Blutwerte messen ("Ihr habt mich hier schließlich am Leben erhalten!"), diskutiert Reha-Programme ("Meine beste Reha ist das Fernsehstudio") und Ernährungtipps. Man könne die süßen Sachen des Lebens doch einfach mal weglassen, schlägt die Diätologin vor. "Das machen Sie nicht, und ich werde es auch nicht machen", lacht Rapp. Neben sich hat er demonstrativ ein ungeöffnetes Packerl Tschick platziert.

Hier gibt es einen Audio-Ausschnitt vom Interview mit Peter Rapp.

Richtig gut sieht er nur vier Tage nach seinem Herzinfarkt aus. "Ich könnte sogar die 'Brieflos-Show' machen", meint er, "aber ich lasse es. Vernunftentscheidung. Der Dorian Steidl wird diesen Sonntag am Radl drehen."

"Krone": Herr Rapp, unser Interview erscheint am Weltherztag. Wie finden Sie das?
Peter Rapp: Zufall. Aber sehr passend. Ich glaube, ich bin ein ganz gutes Testimonial.

"Krone": Wie kam es, dass Sie in der Nacht von Montag auf Dienstag alles richtig gemacht haben?
Rapp: Ich wusste genau, dass ich einen Herzinfarkt habe. Und ich wusste auch: Je schneller ich im Krankenhaus bin, desto größer ist meine Chance zu überleben.

"Krone": Woher wussten Sie das so genau?
Rapp: Über die Symptome eines Herzinfarkts hab' ich das erste Mal bei Thomas Mann gelesen. Konsul Buddenbrooks ist während des Zähneziehens einem Herzinfarkt erlegen. Der hat sich auch vorher an die linke Seite gegriffen, das habe ich nie vergessen... So war's bei mir auch. Meine linke Schulter und der ganze Oberarm fühlten sich an wie nach einem schweren Rheuma-Anfall. Dazu Druck in der Brust und kalter Schweiß auf der Stirn. Das war um halb eins in der Nacht. Ich habe die "Klobeichte" gemacht und eine Entscheidung getroffen.

"Krone": Wie lautete die?
Rapp: Das muss diesmal noch irgendwie gut gehen. Ich hab' mir einen Mantel umgeworfen, die Schuhe angezogen und bin raus auf die Straße. Da gibt es ein ganz schmales Rasenstück, da habe ich mich hingelegt, damit mich die Sanitäter schnell einladen können. Und dann hab' ich 144 angerufen. "Bitte schicken Sie die Rettung! Ich hab' einen Herzinfarkt." Die Stimme wollte wissen, ob ich Arzt bin. Darauf ich: "Nein, ich bin der Peter Rapp, und glauben Sie mir, es ist ein Infarkt." Die waren in sechs Minuten da.

"Krone": Haben Sie in diesen sechs Minuten in den Sternenhimmel geschaut?
Rapp: Nein, ich hab' die Wiener Straße entlang geschaut, ob die Rettung kommt. Ich bin dann in einem Notarztwagen in die Rudolfstiftung geführt worden. Hier hatte ich schon Kammerflimmern. Ich bin weggetreten, kurzfristiger Stillstand, Reanimation, dann haben sie mir diesen Stent gesetzt. Mich fragen's ja allerweil, ob ich das weiße Licht gesehen hab'. Na, nix hab' ich gesehen! Es war wie ein Traum, ich konnte nicht mehr unterscheiden, was Wirklichkeit war und was ich geträumt habe.

"Krone": War's ein böser Traum?
Rapp: Nein, es war ein interessanter Traum. Das ist ein Naturereignis, das hast du ja nicht oft. Ich kann jetzt als einer der wenigen - naja, in Österreich sind es 30.000 im Jahr - beschreiben, wie das ist, wenn man einen Herzinfarkt hat.

"Krone": Als Sie dann zu sich gekommen sind, was war da Ihr erster Gedanke?
Rapp: Ganz ehrlich?

"Krone": Ja, bitte!
Rapp: Ich wollte wissen, wer mir eigentlich den Sack rasiert hat. Weil das eines der wenigen Dinge war, die ich noch gespürt hab', bevor ich weg war.

"Krone": Glauben Sie daran, dass einem die Krankheit etwas sagen will?
Rapp: Nein. Krankheiten kommen und gehen. Der Fußpilz will mir ja auch nicht sagen: "Zieh' andere Schuhe an!" Genauso wenig will mir der Herzinfarkt sagen: "Sei vorsichtig, rauch' weniger." Aber es war ein Warnschuss vor den Bug.

"Krone": Gutes Stichwort. Wieso liegt da ein Packerl "Eve" auf Ihrem Nachtkästchen?
Rapp: Ich lege die Tschick sehr bewusst her, ich möchte sie sehen. Ich habe Entzugserscheinungen...

"Krone": Möchten Sie aufhören?
Rapp: Diese Entscheidung ist noch nicht gefallen. Da muss das Parteipräsidium noch zusammentreten. (lacht) Aber ich danke meinen Wählerinnen und Wählern für die Genesungswünsche.

"Krone": Herr Rapp, nehmen Sie das alles ernst genug?
Rapp: Ich glaube nicht. Die Götter in Weiß können sich das nicht vorstellen, dass meine Arbeit meine Reha ist. Die halten mich für einen Realitätsverweigerer. Sie führen mir immer wieder vor Augen, wie dramatisch das war. Und sie haben ja recht. Knapp nach mir wurde einer eingeliefert, bei dem die Voraussetzungen viel günstiger waren als bei mir. Der hat es nicht geschafft...

"Krone": Und Sie haben es überlebt - wie schon so vieles. Einen Konkurs, drei Scheidungen, die Schmähung durch den ORF... Woher nehmen Sie die Kraft, immer weiterzumachen?
Rapp: Wer macht sich bloß immer die Mühe, das alles aufzulisten? Mich interessiert es null. Mir hat auch nie wehgetan, dass ich plötzlich "Licht ins Dunkel" nicht mehr machen sollte. Warum glaubt mir das keiner?

"Krone": Glücklich ist, wer vergisst?
Rapp: Viele leiden ihr Leben lang unter Dingen, die sie wie einen schweren Rucksack mitschleppen. Ich halte es wie die Shaolin-Mönche, deren Philosophie gefällt mir: über nichts nachdenken, was gestern war oder morgen sein kann. Sondern die Gegenwart leben. Ich hole mir von überall her, was ich brauchen kann. Auch aus der Religion.

"Krone": Haben Sie in den letzten Tagen gebetet?
Rapp: Nein. Aber ich werde dem Herrgott Folgendes sagen: Ich hab' im Augenblick leider keine Zeit zum Beten, aber ich bin dankbar, dass er sich um mein Anliegen gekümmert hat.

"Krone": Barbara Prammer hat am Dienstag ihre Krebserkrankung öffentlich gemacht. Hat Sie das beeindruckt?
Rapp: Ja, weil ich glaube, dass jede Form von Offenheit gut ist. Mit einer positiven Haltung setzt man auch ein Signal: "Komm, so schlimm ist es auch wieder nicht! Arschbacken zusammenkneifen und schauen, dass man weiterkommt."

"Krone": Was sagt denn jetzt Ihr Herz?
Rapp: Dass im Augenblick alles in Ordnung ist! Wobei es schon komisch ist. Für Niere und Leber interessiert sich kein Schwein, aber beim Herz ist man neugierig.

"Krone": Wie stellen Sie sich Ihr Herz vor?
Rapp: Als ordentliche Pumpe, mit Eingängen oben und unten. Für mich ist es die "Pumpn".

"Krone": Nicht das Zentrum der Emotionen?
Rapp: Nein, es hat auch nichts mit dieser hinreißenden Lebkuchenform zu tun. Ich hör auch nicht auf mein Herz, das ist für mich schlicht und einfach Quatsch.

"Krone": Reden Sie manchmal mit der "Pumpn"?
Rapp: Ich hab' doch keinen Vogel!

"Krone": Hand aufs Herz - hatten Sie nach dem Infarkt irgendwann Angst, das könnte jetzt das Ende sein?
Rapp: Ich habe es für möglich gehalten, aber ich hatte keine Angst. Es war eher eine Herausforderung für mich, ob ich es nicht doch noch schaffe. Ich glaube, das liegt in meinen Genen: mit allem fertig zu werden, egal was kommt.

"Krone":

"Krone": Wie lange möchte Peter Rapp leben?
Rapp: So lange ich noch aus eigener Kraft zu dem komischen Millionenradl raufkomme und nicht halbblind und halbtaub bin... so lange möchte ich weitermachen, wenn man mich lässt.

Seine Biografie
Peter August Rapp, geboren am 14. Februar 1944 in Wien, wird zunächst Journalist (u.a. bei der "Krone") und tingelt nebenbei mit eigener Rockband durch Österreich. 1967 beginnt er als Moderator bei Ö3, 1968 kommt er zum Fernsehen ("Spotlight", "Hoppala", "Wer A sagt" und nahezu 50 weitere Formate - insgesamt weit über 5.000 Sendungen). Von 1979 bis 1983 tritt er auch in ZDF und ARD auf. 25 Jahre lang moderiert Rapp "Licht ins Dunkel". Privat war "Mister Brieflos" dreimal verheiratet und ist Vater von drei Kindern.

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(Bild: kmm)



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